RESISTENZENTWICKLUNG

Öfter ein anderes Antibiotikum - das beugt Resistenzen vor

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Bakterien sind sehr erfinderisch, wenn‘s ums Überleben geht: Sie verschließen ihre Zellmembranen, inaktivieren Antibiotika durch Enzyme oder pumpen Antibiotika-Moleküle einfach wieder aus ihren Zellen. Wenn sich Keime mit solchen Fähigkeiten verbreiten, liegt dies oft daran, daß zuviel Antibiotika verordnet werden.

Auch die besten Antibiotika verlieren bald ihre Wirksamkeit, wenn sie nicht richtig angewandt werden. Einer der Hauptfehler: Verordnung bei falscher Indikation. Professor Dieter Adam aus München nennt in seinem Online-Vortrag ein Beispiel: So wurden in einer Untersuchung bei 25 000 Patienten mit Infekten der oberen Atemwege 8000 mit Antibiotika behandelt, aber nur 500 hatten tatsächlich eine bakterielle Infektion. Das Problem dabei: Auch harmlose Keime im Körper der so behandelten Patienten werden resistent, und können die Resistenz-Gene später an gefährliche Erreger weitergeben.

Beispiele für Länder mit besonders hohem Antibiotika-Konsum sind Spanien, Italien und Frankreich. Dort werden pro Person doppelt bis dreimal so viele Antibiotika-Dosen verordnet wie in Deutschland. Die Folgen: Praktisch ein Drittel bis die Hälfte der wichtigsten Erreger sind gegen die am häufigsten verordneten Antibiotika resistent. Zum Teil liege die Resistenzentwicklung in diesen Ländern auch daran, daß bestimmte Antibiotika nicht verschreibungspflichtig sind, und daher von den Patienten unkontrolliert und häufig unnötig eingenommen werden, so Adam.

Ein weiteres Problem: Wird bei einer Indikation immer nur ein Antibiotika-Typ verschrieben, schnellt die Resistenzrate gegen diese Substanzklasse schnell in die Höhe. Ein Beispiel: In Finnland wurden in den 80er Jahren bei Angina tonsillitis oder Scharlach fast nur Makrolide verschrieben - denn nur die wurden bei dieser Indikation von den Kassen bezahlt. Die Folge: Die Makrolid-Resistenz von A-Streptokokken stieg auf über 50 Prozent. Nachdem man diese Beschränkung aufhob, sank die Resistenzrate wieder auf unter zehn Prozent. Adam rät daher: "Geben Sie bei einer bestimmten Indikation nicht immer dasselbe Antibiotikum".

Die Makrolid-Resistenz ist inzwischen auch ein Problem in Mittelmeerländern. Waren Patienten mit Atemwegsinfekten dort vor kurzem im Urlaub, muß verstärkt mit Resistenzen gegen Makrolid-Antibiotika gerechnet werden. So sind in Frankreich, Italien und Spanien bereits 30 bis 45 Prozent der S. pneumoniae resistent gegen Makrolide, in Deutschland jedoch nur etwa fünf Prozent.

Letztlich müssen immer wieder neue Antibiotika entwickelt werden - Substanzen, die bekannte Abwehrmechanismen der Bakterien außer Kraft setzen oder neue Angriffspunkte finden. Welche Substanzen gerade geprüft werden, das erfahren Sie ebenfalls in dem Fortbildungsvortrag. (mut)

Den Vortrag, für den es nach bestandener Prüfung zwei CME-Punkte gibt, finden Sie bei www.qaef-akademie.de unter "Online-Kurse" - "Arzneimittelverantwortung" - "Resistenzentwicklung".

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