Ohne Schmerzen unterwegs

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Viele Kranke mit chronischen Schmerzen trauen sich nicht, in Urlaub zu fahren. Sie haben Angst, daß die Schmerzen ihnen den Urlaub verderben. So hat die zu Rizatriptan gemachte MELT-Umfrage bei 1810 Migräne-Patientinnen zwischen 18 und 35 Jahren ergeben, daß 32 Prozent der Frauen Probleme mit der Urlaubsplanung haben wegen ihrer Migräne.

Doch alle Schmerz-Kranken sind reisefähig. Mehr noch, Ärzte sollten ihre Patienten sogar dazu ermutigen, rät der Frankfurter Schmerztherapeut Dr. Thomas Flöter. Abwechslung tue ihnen gut. Die Reisen sollten aber mit Hilfe des Reisebüros so gut wie möglich vorbereitet werden, damit sie möglichst streßfrei ablaufen.

Dazu gehört etwa, daß Gepäck vorab eingecheckt wird, damit die Patienten nicht noch lange in einer Schlange stehen müssen. Denn gerade Schmerzkranke sollten jede zusätzliche Belastung meiden. Ganz wichtig ist, die Grundmedikation während des Urlaubs zu erhöhen, empfiehlt Flöter. Denn im Urlaub fällt in der Regel das ganze übrige Therapiespektrum wie Akupunktur, Physio- oder Psychotherapie weg.

Die medikamentöse Therapie muß ausreichen. Und die sollte dann auch ausreichend sein, also höher dosiert als sonst. Das gilt schon für die Anreise, die für viele Schmerzkranke, etwa Rückenschmerz-Patienten, eine große Belastung sein kann. (ug)

Melatonin, Nierengurt, Nackenkissen und andere Tips

  • Im Urlaub sollte nicht nur auf ein Analgetikum in oraler Form gesetzt werden. Dr. Thomas Flöter aus Frankfurt/Main rät, den Patienten "Ausweichmöglichkeiten" wie Zäpfchen, Spritzen, Nasensprays mitzugeben, die sie nehmen können, wenn es etwa zu Erbrechen kommt.
  • Migräne-Patienten sollten auch im Urlaub ihren normalen Tagesrhythmus einhalten. Für sie kann Jet-lag ein großes Problem sein. Flöter rät, Melatonin zu verschreiben.
  • Wer Rücken- oder Kreuzschmerzen hat, sollte im Urlaub nicht auf seinen Nierengurt verzichten.
  • Rückenschmerz-Patienten können Probleme mit Hotelbetten bekommen. Flöter rät, notfalls die Matratze auf den Boden zu legen. Wer sehr empfindlich ist, kann eine Campingmatte mitnehmen. Patienten mit Nackenschmerzen sollten ein Campingkissen dabei haben.
  • Patienten, denen ein TENS-Gerät gut hilft, sollten dieses während langer Reisen benützen. Das Beste ist, die Elektroden angeklebt zu lassen und ab und zu die Muskeln zu stimulieren. An Sicherheitskontrollen auf Flughäfen genügt es, die Gebrauchsanweisung vorzuzeigen, ist Flöters Erfahrung.
  • Schmerzkranke, die in heiße Länder reisen, müssen wissen, daß sie bei TENS-Geräten mit einer geringeren Stromintensität auskommen als zuhause. Denn schweißfeuchte Haut leitet besser als trockene.
  • Patienten, die Opioide nehmen, sollten sich bei Zeitverschiebung sofort auf den Tagesrhythmus am Ort einstellen und Übergangsprobleme mit niedriger dosierten Präparaten, etwa Tropfen, überbrücken.
  • Wer Schmerzpflaster benützt, kann in einem heißen Land Probleme bekommen: Denn wenn die Patienten schwitzen, ist die aus dem Pfaster eingeschwemmte Dosis höher. Flöter empfiehlt, niedriger dosierte Pflaster mitzugeben.

Opioide im Gepäck

Schmerzkranke, die Opioidanalgetika nehmen, trauen sich oft nicht, in Urlaub zu fahren. Sie haben Angst, Ärger mit der Polizei zu bekommen, wenn sie Medikamente im Gepäck haben, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Doch das ist meist kein Problem. Wer bis zu 30 Tagen in Deutschland oder in einem Mitgliedsstaat des Schengener Abkommens reist, kann sämtliche Medikamente mitnehmen, auch Opioide. Eine ärztliche Bescheinigung, die von der obersten Gesundheitsbehörde des Bundeslandes beglaubigt werden muß, soll die medizinische Notwendigkeit der Opioid-Einnahme dokumentieren. Bei Reisen, die in andere Länder führen, sollte die Bescheinigung auf englisch sein. Das Formular für die Schengen-Länder eignet sich hierfür. Wer ohne Bescheinigung startet, den beruhigt der Frankfurter Schmerztherapeut Dr. Thomas Flöter: In der Regel reiche es, am Zoll einen "Opioid-Ausweis" vorzuzeigen, ist seine Erfahrung. (ug)

Die "Bescheinigung für das Mitführen von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung" kann man sich im Internet etwa beim Grünen Kreuz herunterladen: www.forum-schmerz.de unter "Patienten-Service". Den Opioid-Ausweis gibt es beim Schmerztherapeutischen Kolloquium, Telefon: 0 61 71 / 28 60 20, Internet: www.stk-ev.de

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