Patient wehrt sich gegen Insulin - was tun?

Wenn ein Arzt einem Typ-2-Diabetiker eine Insulintherapie antragen will, stößt er damit bekanntlich oft auf taube Ohren. Woran liegt's und wie lässt sich die Situation verbessern?

Von Helga Brettschneider Veröffentlicht:
Nicht die Angst vor der Spritze, sondern das Gefühl, versagt zu haben, ist bei manchen Diabetikern Grund für eine ablehnende Haltung.

Nicht die Angst vor der Spritze, sondern das Gefühl, versagt zu haben, ist bei manchen Diabetikern Grund für eine ablehnende Haltung.

© Foto: Visionär www.fotolia.de

Gerade eben lief das Gespräch noch prima: Der Arzt war freundlich und der Behandelte willig zur Mitarbeit und aufnahmefähig. Bis der Patient beim Satz "Wir sollten jetzt mit einer Insulintherapie beginnen" in die Stuhllehne zurückschreckt und automatisch die Arme vor der Brust verschränkt: Der ganze Mensch ist auf Abwehr geschaltet. Die Gründe für solche Reaktionen sind vielfältig, so die Diplom-Psychologin Susan Woods bei einer Tagung der Deutschen Diabetesgesellschaft in Berlin. Zu den häufigen zählt die unterschiedliche Einschätzung von Arzt und Patient, welche Bedrohung hinter hohen Blutzuckerwerten steckt.

Jeder Vierte glaubt, die Krankheit ist nicht ernst

Denn selbst von den schon länger erkrankten Typ-2-Diabetikern glaubt jeder Vierte, seine Krankheit sei nur vorübergehend und beeinflusse seine Gesundheit nicht sonderlich. Auf diese "Kleinigkeit" trifft dann die Idee mit der Insulintherapie, die relativ viel Aufwand erfordert - wie Blutzucker zu messen, Essen zu berechnen, Insulin zu spritzen und Pen und Messgerät ständig bei sich zu tragen. Besser ist es, den Patienten zuerst zu fragen, was er über seine Krankheit weiß. Dann kann man thematisieren, warum Insulin sinnvoll ist.

Andere Diabetiker leiden unter Ängsten. Die Therapie sollte dann so gewählt werden, dass die Ängste möglichst klein erscheinen. So ist die Furcht vor Überforderung häufig. Typisches Beispiel, so die Psychologin: der Rentner, der braun gebrannt und trotz seinen Alters fit wie ein Turnschuh in die Praxis kommt, immer unternehmungslustig und grundsätzlich mit Jeans bekleidet. Doch hinter dieser Fassade verbirgt sich oft schon ein geistiger Abbau, den er auch bemerkt. Es klappt nicht, wenn er das Berechnen von Broteinheiten und Insulinmengen erlernen soll.

Wenn er dies mit Ausflüchten erklärt, sollte man hellhörig werden und an Überforderung denken. "Man kann ihm eine Therapie anbieten, bei der er nicht so viel rechnen und nicht so viele Geräte händeln muss", so Woods bei einem von Novo Nordisk unterstützten Symposium. Natürlich ohne ihn bloßzustellen. So kommen viele Patienten beim Insulinstart mit einer einmal täglichen Injektion von Basalinsulin gut zurecht.

Keine Unterzuckerungen beim Einstieg

Auch Hypoglykämie-Angst muss ernst genommen werden. Hier ist für den Anfang nicht die optimale Blutzuckersenkung wichtig: Entscheidend ist es, den Insulineinstieg ohne Unterzuckerungen zu schaffen. Stärkster Prädiktor für das Ablehnen einer Insulintherapie ist jedoch das Gefühl "Wenn ich spritzen muss, habe ich versagt." Darunter leiden vor allem viele Frauen. Sie haben oft schon lange gegen ihr Übergewicht gekämpft - und trotzdem geht es irgendwann nicht mehr ohne Insulin. Solche Patienten fürchten, das "Versagen" könnte sich auch mit einer Insulintherapie wiederholen.

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