Therapiegespräch

Patienten widersprechen ungern

Viele Patienten wünschen sich, gemeinsam mit ihrem Arzt über eine Therapie zu entscheiden. Weil sie sich aber scheuen, dem Arzt zu widersprechen, wird ein Konsens oft verhindert, meinen US-Forscher.

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Reden: Patienten geben selten Widerworte.

Reden: Patienten geben selten Widerworte.

© MonkeyBusinessImages/Shutterstock.com

PALO ALTO (rb). Kalifornische Gesundheitsforscher hatten 1340 Patienten im Alter von 40 bis 60 Jahren gebeten, an einer internetbasierten Studie zum Thema gemeinsame Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) teilzunehmen (JAMA 2012, online 9. Juli).

Als Modell diente eine sogenannte Präferenz-sensitive Entscheidungssituation. In einer solchen Situation gibt es mehrere Handlungsoptionen, darunter aber keine eindeutig korrekte. Im konkreten Fall ging es um die Behandlung gegen ein Herzleiden.

Die Studienteilnehmer hatten im Durchschnitt einen hohen Bildungsstand, 46 Prozent konnten einen Hochschulabschluss vorweisen. Zur gemeinsamen Entscheidungsfindung bekannten sich fast 70 Prozent; elf Prozent wollten am Ende eher allein entscheiden, 19 Prozent eher den Arzt entscheiden lassen.

Schlüsselte man die patientenseitigen Elemente des gemeinsamen Entscheidens auf, ergab sich ein differenziertes Bild. Zwar gaben 93 Prozent an, sie würden dem Arzt Fragen stellen, und 94 Prozent wollten ihre Präferenzen besprechen.

Doch dann wurden die Probanden gefragt, ob sie auch ihre Ablehnung ausdrücken würden, sollten sie nicht mit den Ratschlägen des Arztes übereinstimmen. Und hier gaben nur 14 Prozent an, dies gegebenenfalls tun zu wollen.

Ihren Ärzten zu widersprechen, fällt offenbar den meisten Patienten schwer - viel schwerer, als Fragen zu stellen oder Wünsche zu äußern. Als Gründe dafür fanden die Forscher unter anderem die Furcht der Patienten, als "schwierig" eingestuft zu werden; 47 Prozent gaben diese Überzeugung zu Protokoll.

40 Prozent glaubten, eine abweichende Meinungsäußerung würde der Beziehung zum Arzt schaden. Und mehr als die Hälfte (knapp 52 Prozent) der Befragten sorgten sich, ob sie nach einem Widerspruch noch die Versorgung bekämen, die sie gerne hätten.

"Die Scheu, ja Furcht der Patienten davor, dem Arzt gegenüber eine abweichende Meinung zu äußern, scheint ein ganz wesentliches Hindernis für eine gemeinsame Entscheidungsfindung zu sein", resümieren die Autoren.

Dabei sei zu bedenken, dass diese Scheu im Sprechzimmer mit mangelnder Therapietreue außerhalb einhergehen könne. Die Forscher plädieren deshalb dafür, ein Umfeld zu schaffen, in welchem die Patienten explizit auch abweichende Auffassungen artikulieren dürfen.

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