Alzheimer

Plaques stören Gedächtnisbildung im Schlaf

Alzheimerpatienten leiden häufig unter Schlafstörungen, meist schon bevor sie vergesslich werden. Bekannt ist zudem, dass Schlaf bei der Gedächtnisbildung eine sehr wichtige Rolle spielt. Forscher haben jetzt einen neuen Zusammenhang gefunden.

Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Alzheimerpatienten leiden ja häufig unter Schlafstörungen, meist schon bevor sie vergesslich werden. Bekannt ist zudem, dass Schlaf bei der Gedächtnisbildung eine sehr wichtige Rolle spielt.

Forscher der Technischen Universität München (TUM) zeigten, wie sich die ß-Amyloid-Plaques im Gehirn auf die Vorgänge der Informationsspeicherung im Schlaf auswirken (Nat Neurosci 2015; online 12. Oktober).

An Tiermodellen konnten sie den Mechanismus entschlüsseln und die Störung mit Medikamenten abmildern, heißt es in einer Mitteilung der TUM.

Gelerntes wird verfestigt

Vor allem die langsamen Schlafwellen (slow oscillations) dienen dazu, Gelerntes zu verfestigen. Die Wellen werden über ein Netzwerk an Nervenzellen in der Hirnrinde gebildet und breiten sich dann in andere Hirnareale wie den Hippocampus aus.

"Diese Wellen sind eine Art Signal, mit dem sich die Hirnareale gegenseitig bestätigen ,ich bin bereit, der Informationsaustausch kann losgehen'.

Während des Schlafes herrscht daher ein hohes Maß an Kohärenz zwischen weit entfernten Nervenzellnetzwerken", erklärt Dr. Dr. Marc Aurel Busche, Forscher an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am TUM Klinikum rechts der Isar und am Institut für Neurowissenschaften der TUM in der Mitteilung.

Wie die Forscher herausfanden, ist bei Alzheimer dieser Kohärenz-Prozess gestört. Sie nutzten für ihre Studie Mausmodelle, die ß-Amyloid Plaques bilden. Die Forscher konnten zeigen, dass die Plaques direkt Störungen bei den langsamen Schlafwellen auslösen.

"Die langsamen Oszillationen treten zwar noch auf, sie können sich aber nicht mehr richtig ausbreiten - das Signal für den Informationsabgleich fehlt deshalb in den entsprechenden Hirnbereichen", wird Busche zitiert.

Balance zwischen Anregung und Hemmung muss stimmen

Den Wissenschaftlern gelang es auch auf molekularer Ebene diesen Defekt zu entschlüsseln: Damit sich die Wellen korrekt ausbreiten können, muss eine präzise Balance zwischen Anregung und Hemmung auf Nervenzellen eingehalten werden. Bei den Alzheimer-Mäusen kam dieses Gleichgewicht durch die Plaques durcheinander - die Hemmung war vermindert.

Dieses Wissen nutzten Busche und sein Team, um den Defekt medikamentös zu behandeln. Von Benzodiazepinen ist bekannt, dass sie hemmende Einflüsse im Gehirn verstärken. Verabreichten die Forscher geringe Mengen des Schlafmittels den Mäusen (etwa ein Zehntel einer Standarddosis), konnten sich die langsamen Schlafwellen korrekt ausbreiten.

Dass die Lernleistung wieder besser war, zeigten sie bei den Tieren mit Verhaltensexperimenten.Für die Forscher sind die Ergebnisse natürlich erst ein Anfang auf dem Weg zu einer geeigneten Therapie gegen Alzheimer.

"Diese Erkenntnisse sind aber aus zwei Gründen hochinteressant: erstens haben Mäuse und Menschen dieselben Schlafoszillationen im Gehirn - die Ergebnisse sind also übertragbar. Zweitens lassen sich diese Wellen mit einem normalen EEG-Gerät erfassen und somit auch Störungen schon früh diagnostizieren", fasst der Wissenschaftler in der TUM-Mitteilung zusammen. (eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Blick in die Zukunft

Alzheimertherapie 2.0: Neue Strategien gegen Beta-Amyloid

Das könnte Sie auch interessieren
Was die MS-Behandlung auszeichnet

© Suphansa Subruayying | iStock

Lebensqualität

Was die MS-Behandlung auszeichnet

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

© AscentXmedia | iStock

Lebensqualität

Unsichtbare MS-Symptome im Fokus

Anzeige | Merck Healthcare Germany GmbH
Prognostizierbares Therapieansprechen?

© Stockbyte | gettyimages (Symbolbild mit Fotomodellen)

Antidepressiva

Prognostizierbares Therapieansprechen?

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

© brizmaker | iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Depressionsscreening

Depression und Schmerz gehen häufig Hand in Hand

Anzeige | Bayer Vital GmbH
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

ADHS im Erwachsenenalter

Wechseljahre und ADHS: Einfluss hormoneller Veränderungen auf Symptomatik und Diagnose

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

© Dr_Microbe / stock.adobe.com

Entwicklungen in der Therapie neuromuskulärer Erkrankungen

Neue Ansätze zur Behandlung seltener Krankheitsbilder

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Abb. 1: a) Verlauf einer Gruppe unbehandelter Personen, b) 5-Jahres-Daten der SUNFISH-Studie Teil1, c) Teil2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [3]

Therapie der 5q-assoziierten SMA

Risdiplam-Filmtabletten: flexiblere Anwendung im Alltag

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

© Porträt: privat | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

Wie kann man Impfskeptiker überzeugen?

Mammografie-Screening bei einer Patientin

© pixelfit / Getty Images / iStock

Prävention

Mammografie-Screening: Das sind Hindernisse und Motivatoren

Ein Mann greift sich an den Fuß.

© Jan-Otto / Getty Images / iStock

Therapievergleich

Akuter Gichtanfall: Am Ende machen alle Wirkstoffe ihren Job