Schilddrüsen-Operationen in Deutschland häufiger als anderswo

Patienten mit kleiner euthyreoter Struma, die nicht einmal Beschwerden bereitet, werden manchmal nur wegen eines Karzinomverdachts operiert. Abwarten kann hier die bessere Alternative sein.

Von Werner Stingl Veröffentlicht:

MÜNCHEN. In Deutschland werden jährlich etwa 120 000 Schilddrüsenoperationen vorgenommen - im internationalen Vergleich sehr viele. Durch geeignete Diagnostik ließen sich unnötige Eingriffe vermeiden.

Bei etwa 90 000 Patienten ist der Op-Grund eine benigne Struma, bei 3500 ein Schilddrüsenkarzinom und bei ebenso vielen ein Morbus Basedow. 2500 Eingriffe werden wegen einer Rezidivstruma gemacht, 7200 wegen einer Erkrankung der Nebenschilddrüsen. Diese Schätzungen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2008 hat Professor Rainer Hehrmann auf dem vom Unternehmen Merck Serono unterstützten 8. Münchener Schilddrüsen-Symposium wiedergegeben.

Ein Vergleich dieser Zahlen ergibt, dass die Schilddrüse in Deutschland deutlich häufiger operiert wird als in anderen Ländern mit ähnlichem Lebensstandard, sagte der Internist vom Endokrinologikum Hannover. So kommt in Deutschland etwa eine Schilddrüsen-Op auf 750 Einwohner, in Großbritannien eine auf 6000 und in den USA eine auf 4900.

Ein Grund für die hohe Zahl in Deutschland sei sicherlich, dass in diesem (ehemaligen) Jodmangelgebiet mit der eher spät und zaghaft begonnenen Substitution immer noch eine höhere Strumaprävalenz und damit erhöhte Raten an Autonomien oder suspekten Knoten bestehen als anderswo, so Privatdozent Dr. Holger Vogelsang aus Garmisch-Partenkirchen.

Allerdings werden nicht nur benigne Strumen operiert, die mit Funktionsstörungen oder Kompression benachbarter Gewebe einhergehen, sagte Hehrmann. Viel zu oft kämen Patienten mit kleiner, euthyreoter und beschwerdefreier Struma nur deshalb unters Messer, weil als Zufallsbefund Knoten "mit nicht völlig auszuschließendem Malignitätspotential" gefunden werden. Aber nur 3 von 10 000 Schilddrüsenknoten seien wirklich Karzinome.

Abwarten mit regelmäßigen sonographischen Kontrollen durch einen erfahrenen Untersucher bei augenscheinlich eher harmlosen Knoten und Feinnadelpunktionen könnten erheblich dazu beitragen, unnötige Eingriffe an der Schilddrüse zu vermeiden.

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