Fachkongress

Traditionelle asiatische Medizin mehr nutzen

In Kiel tauschen sich heute 350 Experten aus etwa 50 Ländern mit dem Ziel aus, die Perspektiven der Schulmedizin zu erweitern.

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Experten diskutieren in Kiel über den Nutzen traditioneller asiatischer Medizin.

Experten diskutieren in Kiel über den Nutzen traditioneller asiatischer Medizin.

© marilyna / iStock / Thinkstock

KIEL. Traditionelle asiatische Medizin etwa aus China, Tibet, Nepal oder Indien sollte von der westlichen Schulmedizin mit größerer Offenheit als bisher vorurteilsfrei geprüft und genutzt werden. Das forderten Fachleute und Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) zum Auftakt des 9. internationalen Kongresses traditioneller asiatischer Medizin am Montag in Kiel. Mehr als 350 Teilnehmer aus etwa 50 Ländern tauschen sich dort noch bis zum 12. August aus.

Garg forderte, Ärzte und Patienten sollten frei über ihre medizinische Behandlung entscheiden können – innerhalb eines gesetzlichen Rahmens, der die Sicherheit der Patienten garantiere. Der liberale Politiker warnte, dass die zunehmende Standardisierung und der Blick nur auf ökonomische Faktoren zu einem gefährlichen Verlust des Kontaktes mit den Patienten führen könne.

Asiatische Medizin setze auf die Selbstheilungskräfte und habe einen ganzheitlichen Ansatz. Europäische Gesundheitssysteme könnten hiervon lernen, sich nicht nur auf den körperlichen Zustand zu konzentrieren. Mentale, soziale und auch spirituelle Aspekte seien wichtige Kofaktoren.

Insbesondere in der Schmerzbehandlung, aber auch von Parkinson oder Arthrose gebe es Ansätze asiatischer Medizinen, sagte Professorin Angelika Messner vom Chinazentrum der Kieler Uni.

Es solle untersucht werden, ob Braunalgen und Tang Wirkstoffe zur Behandlung von Augenleiden böten, berichtete Professor Ralph Schneider vom Exzellenzcluster "Future Science" und Direktor des Forschungsschwerpunktes Kiel Marine Science. Er sprach von einem "Goldrausch nach marinen Wirkstoffen". Laut Messner kaufen Pharmakonzerne zudem in Asien große Kräuterflächen auf.

Bluthochdruck ist nach Ansicht von Professor Detlev Ganten von der Berliner Charité ein weiteres Beispiel für die begrenzte Reichweite konventioneller Tablettenbehandlung. Er selbst habe zusätzlich zu Tabletten seinen stressigen Lebensstil "im Hamsterrad" umgestellt, nehme weniger Termine an und treibe mehr Sport.

Die Wissenschaftler sprachen von einem großen Transformationsprozess in der westlichen Medizin. Bildung, Ernährung und Bewegung seien die drei wichtigen Parameter für Gesundheit, sagte Ganten. Er berichtete, wie schwierig es gewesen sei, an der Charité einen Lehrstuhl für alternative Medizin zu etablieren. "Inzwischen sind das die beliebtesten Vorlesungen."

Als Kernproblem nannte Ganten, der sich als begeisterter Verfechter der westlichen Medizin bekannte, die unterschiedlichen Kulturen und Denkweisen. Das streng kausale Denken des Westens sei in anderen Kulturen nicht verbreitet. "Es gibt keine Wahrheit, auch keine wissenschaftliche Wahrheit, es gibt nur Wahrscheinlichkeiten", sagte Ganten. (dpa)

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