Reizwahrnehmung

Warum das Gehirn gleiche Eingaben niemals gleich verarbeitet

Nervenzellen schwanken permanent zwischen Erregung und Hemmung. Trifft ein Stimulus ein, beeinflusst das die Reaktion auf den nächsten Reiz. Forscher aus Leipzig haben untersucht, warum das so ist.

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Wie stark Nervenzellen auf Reize von außen reagieren, hängt auch vom vorhergehenden Reiz ab.

Wie stark Nervenzellen auf Reize von außen reagieren, hängt auch vom vorhergehenden Reiz ab.

© psdesign1 / stock.adobe.com

Leipzig. Das menschliche Gehirn reagiert umso stärker auf äußere Reize, je mehr die zum Stimulus gehörende Hirnregion angeregt ist, wenn die Reizinformation den Cortex erreicht. Das haben Forscher des Max-Planck-Instituts (MPI) für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig herausgefunden.

Die Erregbarkeit der Nervenzellen entscheidet wiederum darüber, wie der Reiz weiter verarbeitet und wie auf den nächsten Reiz reagiert wird. Sie beeinflusst damit bereits am Eingang zur Großhirnrinde darüber, wie das Gehirn mit einem Reiz umgeht und nicht erst, wie lange angenommen, auf höheren, nachgeschalteten Ebenen (J Neurosci 2020; online 21. Juli).

Schwankung zwischen Erregung und Hemmung

Wie stark der Cortex in einem bestimmten Moment erregbar ist, ist nicht dem Zufall überlassen. Der Wechsel zwischen geringerer und stärkerer Reizbarkeit folgt vielmehr einem bestimmten zeitlichen Muster. Der aktuelle Zustand hängt vom vorherigen ab und beeinflusst wiederum den nachfolgenden, heißt es in einer Mitteilung des MPI.

„Dass der Cortex so in seiner Erregbarkeit variiert, deutet darauf hin, dass sich seine Netzwerke stets nahe an einem sogenannten ‚kritischen‘ Zustand befinden“, erläutert Erstautor Tilman Stephani. „Sie schwanken stets in einem empfindlichen Gleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung.“

Frühere Studien hätten ergeben, dass dieser kritische Zustand entscheidend für die Gehirnfunktion sein könnte. Durch ihn können möglichst viele Informationen übertragen und verarbeitet werden.

Evolutionäre Anpassung?

Stephani und Kollegen liefern nun Hinweise darauf, dass dieses Gleichgewicht auch darüber entscheiden könnte, wie das Gehirn Sinneseinflüsse verarbeitet. Es dient vermutlich als Anpassungsmechanismus, um mit der Vielfalt von Informationen zurechtzukommen, die ständig aus der Umwelt eintreffen.

Ein einziger Reiz sollte weder das gesamte System auf einmal erregen noch zu schnell wieder verschwinden. (mmr)

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