Zur Wundreinigung reicht meist warmes Wasser

STUTTGART (ars). Zur Reinigung von Wunden wurden lange Zeit viele antiseptische Farbstoffe genutzt. Heute gelten fast alle als obsolet, etwa weil sich herausgestellt hat, daß viele davon Zellen schädigen. Auch Ringer- oder Polyhexanid- Lösungen zum Auswaschen einer nicht infizierten chronischen Wunde sind nicht nötig - am besten eignet sich Duschen der Wunde mit warmem Leitungswasser.

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Ob Brillantgrün, Eosin, Fuchsin, Kaliumpermanganat, Rivanol, Trypaflavin, Silbernitrat oder Mercurochrom - bis etwa 1990 wurden farbige Substanzen zur Wundbehandlung verwendet, weil sie als adstringierend, austrocknend und bakterizid galten. Mittlerweile aber ist bekannt, daß sie zytotoxisch sind und damit die Ausbildung eines neuen Deckepithels hemmen.

Außerdem sind sie oft durch Schwermetall-Rückstände kanzerogen und sie verfärben die Umgebung der Wunde, was eine exakte Beurteilung erschwert. Obendrein fehlt ihnen die Zulassung.

Es gibt nur zwei Ausnahmen, wie Dr. Dorothee Dill-Müller von der Universität Homburg bei einem Workshop des Unternehmens Urgo in Stuttgart berichtete: Bei frischen, verschmutzten Wunden ist das Auftragen von PVP-Jod angezeigt, das kaum brennt.

Tumorpatienten die nach einer Chemotherapie an starken Entzündungen der Mundschleimhaut leiden, hilft Pyoktanin-Lösung: Sie tötet die Keime und trocknet die feuchte, mazerierte Haut aus. Beim Verbandwechsel wird zum Reinigen nicht infizierter chronischer Wunden häufig körperwarme Ringer- oder Polyhexanid-Lösung verwandt - nötig seien diese Spülflüssigkeiten allerdings nicht, denn es reiche schon das Abbrausen mit lauwarmem Leitungswasser, so Dill-Müller.

Eine Pilotstudie des Wundzentrums in Tübingen hat ergeben, daß sich mit dieser einfach handhabbaren Maßnahme eine Kontamination ebenso sicher vermeiden läßt wie mit den industriell hergestellten Lösungen: Tendentiell blieben mit klarem Wasser sogar eher weniger Keime in der Wunde zurück.

Zur Reinigung völlig ungeeignet sind Hausmittel wie Zucker oder Seesand. Sie besitzen keine oder nur eine geringe Effektivität, sondern schädigen im Gegenteil selbst noch gesundes Gewebe durch Entzug von Wasser. Zudem ist das Auftragen recht schmerzhaft.

Ebenfalls sollte man nach Ansicht von Dill-Müller bei chronischen Wunden auf topische Antibiotika verzichten: "Es ist nicht klar, wie und ob sie den Biofilm auf dem Wundgrund durchdringen. Ihre Wirksamkeit ist fraglich, das Risiko einer Kontaktallergie dagegen hoch", so die Dermatologin.

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