Zwei Insulinanaloga am Donnerstag auf der GBA-Agenda

Bei der Plenumssitzung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) am Donnerstag in Berlin steht unter anderen ein Beschluss zur Behandlung von Typ-2- Diabetikern mit langwirksamen Insulinanaloga auf dem Programm. Welche Regelungen wird der Beschluss erbringen?

Von Heinz Dieter Rödder Veröffentlicht:
Ganz ohne Hypoglykämien bei einer Insulintherapie - das kommt nach Diabetologen-Erfahrung sehr selten vor. © Photos.com

Ganz ohne Hypoglykämien bei einer Insulintherapie - das kommt nach Diabetologen-Erfahrung sehr selten vor. © Photos.com

© Photos.com

BERLIN. Eine Beschlussvorlage zur Therapie bei Typ-2-Diabetes mit langwirksamen Insulinanaloga wurde im Mai 2009 vorgelegt. In dem Papier heißt es: "Diese Wirkstoffe (Insulin Glargin und Insulin Detemir) sind nicht verordnungsfähig, solange sie - unter Berücksichtigung der notwendigen Dosierungen zur Erreichung des therapeutischen Ziels mit Mehrkosten im Vergleich zu intermediär/lang wirkendem Humaninsulin verbunden sind. Das angestrebte Behandlungsziel ist mit Humaninsulin ebenso zweckmäßig, aber kostengünstiger zu erreichen. Für die Bestimmung der Mehrkosten sind die der zuständigen Krankenkasse tatsächlich entstehenden Kosten maßgeblich."

Als Ausnahme sind schwere Hypoglykämien genannt

Dazu werden Ausnahmen beschrieben: "Die Verordnungseinschränkung gilt nicht für eine Behandlung mit Insulin Glargin bei Patienten, bei denen im Rahmen einer notwendigen (nahe normoglykämischen) intensivierten Insulintherapie unter Verwendung von intermediär/lang wirkenden Humaninsulinen schwere Hypoglykämien aufgetreten sind oder im Einzelfall die Anwendung von Insulin Glargin unter Berücksichtigung von Menge und Preis wirtschaftlicher ist. Die Verordnungseinschränkung gilt nicht für Patienten mit Allergie gegen intermediär/lang wirkende Humaninsuline."

Aus dem Text dieser Ausnahmeregelung ergeben sich aus Diabetologensicht Kritikpunkte. Denn nach der zitierten "Note for Guidance on Clinical Investigation of Medical Products in the Treatment of Diabetes mellitus" der EMEA aus dem Jahr 2002 werden schwere Hypoglykämien definiert als symptomatische Ereignisse, die Fremdhilfe erfordern aufgrund schwerer Beeinträchtigungen des Bewusstseins oder Verhaltens, mit Blutglukosespiegeln unter 3 mmol/l und schneller Besserung nach Glukose oder Glukagongabe.

Das bedeutet, dass in solch einer Situation immer der Glukosewert gemessen werden muss, sonst zählt diese Episode nicht als schwere Hypoglykämie im Sinne der EMEA-Definition. Das sei nicht praktikabel und nicht akzeptabel, kritisiert Professor Andreas Fritsche, Diabetologe an der Universität Tübingen.

Nur Hypoglykämien unter intensivierter Therapie zählen

Nicht zu akzeptieren ist für Fritsche auch, dass nur solche schweren Hypoglykämien zählen, die bei einer ICT aufgetreten sind und nicht bei der Therapie mit einem langwirksamen Basalinsulin. In der Tat sind schwere Hypoglykämien bei ICT häufiger, bei Basistherapie aber nicht ausgeschlossen. Es sei nicht akzeptabel, dass ein Patient unter einer intensiven und teuren ICT-Therapie quasi erst beweisen muss, dass er eine schwere Hypoglykämie bekommt, die möglicherweise lebensgefährlich ist, bevor für ihn die Ausnahmeregelung greift, so der Diabetologe.

Hypoglykämien werden nicht ernst genug genommen

Jede Hypoglykämie habe die gleiche Bedeutung, unabhängig davon welche Therapie ein Typ-2-Diabetiker erhält. Und die Bedeutung von Hypoglykämien werde vielfach noch nicht ernst genug genommen, so Fritsche. Patienten, die keine Hypoglykämien haben, seien nach seiner Erfahrung jedenfalls sehr selten. Aktuelle Studienergebnisse belegten schließlich, dass dadurch das Risiko für Demenzen und kognitive Einschränkungen und wahrscheinlich auch das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen steige.

Den neuen Erkenntnissen zu Hypoglykämien tragen die geänderten deutschen Leitlinien für Typ-2-Diabetiker Rechnung. Dort ist das Vermeiden von zumindest schwerwiegenden Hypoglykämien ein wichtiges Ziel, sogar um den Preis einer nicht ganz so guten Diabetes-Einstellung.

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Zwei Phase-III-Studien gescheitert

Semaglutid offenbar wirkungslos gegen Alzheimer

Einteilung in fünf Gruppen

Diabetes: Risiken für Komorbiditäten vom Subtyp abhängig

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Das könnte Sie auch interessieren
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2025

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer und Vizepräsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, hofft, dass das BMG mit der Prüfung des Kompromisses zur GOÄneu im Herbst durch ist (Archivbild).

© picture alliance / Jörg Carstensen | Joerg Carstensen

Novelle der Gebührenordnung für Ärzte

BÄK-Präsident Reinhardt: Die GOÄneu könnte 2027 kommen

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Abb. 2: Schneller Wirkeintritt von Naldemedin im Vergleich zu Placebo in den Studien COMPOSE-1 und COMPOSE-2

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [15]

Opioidinduzierte Obstipation

Selektive Hemmung von Darm-Opioidrezeptoren mit PAMORA

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Viatris-Gruppe Deutschland (Mylan Germany GmbH), Bad Homburg v. d. Höhe
Abb. 1: Risikoreduktion durch Bempedoinsäure gegenüber Placebo in der CLEAR-Outcomes-Studie für den primären 4-Komponenten-Endpunkt (A) und den sekundären 3-Komponenten-Endpunkt (B) stratifiziert nach Diabetes-Status

© Springer Medizin Verlag

Diabetes mellitus

Bempedoinsäure: Benefit für Hochrisiko-Kollektive

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

© Oleh / stock.adobe.com

Zielgerichtete Interleukin-23p19-Inhibition

Mirikizumab wirksam bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg v.d.H.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Wenn „Gender“ und „Sex“ nicht übereinstimmen

Geschlechtsinkongruenz bei Kindern: Tipps zum Umgang mit trans*

Lesetipps
Checkliste Symbolbild

© Dilok / stock.adobe.com

Auswertung über Onlinetool

Vorhaltepauschale: So viele Kriterien erfüllen Praxen laut Honorarvorschau