In der Arznei

Koffein steigert den Effekt von OTC-Analgetika

Bei Migräne und Spannungskopfschmerz lässt sich die Wirkung von OTC-Analgetika durch die Zugabe von Koffein offenbar deutlich steigern. Wie die Autoren eines Reviews betonen, hängt der Effekt stark von der Koffeindosis ab.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Was ist besser – Kopfschmerztabletten mit viel oder wenig Koffein?

Was ist besser – Kopfschmerztabletten mit viel oder wenig Koffein?

© Benjamin Heinzel/ stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell)

NEW YORK. Vor allem bei leichteren Kopfschmerzen greifen viele Patienten erst einmal auf eigene Faust zu rezeptfreien Schmerzmitteln aus der Apotheke, also zu OTC-Präparaten. Neben gängigen Analgetika, die Paracetamol, Azetylsalizylsäure oder Ibuprofen enthalten, stehen heute – ebenfalls rezeptfrei – auch verschiedene Fixkombinationen zur Verfügung, in denen der jeweilige analgetische Wirkstoff mit Koffein kombiniert ist.

Ob Letztere bei Migräne und Spannungskopfschmerzen (Tension-type headache, TTH) besser wirken als das Analgetikum allein und welchen Einfluss Koffein für sich genommen bei Kopfschmerzen hat, hat ein Team um den Neurologen und Epidemiologen Professor Richard B. Lipton vom Albert Einstein College of Medicine in New York und den Essener Kopfschmerzexperten Professor Hans-Christoph Diener untersucht.

Koffein-Kombi wirkt schneller

In ihrem Review über sieben placebokontrollierte Studien kommen die Forscher zu dem Schluss, dass Koffein offenbar in der Lage ist, die analgetische Wirkung der genannten Präparate signifikant zu steigern (J Headache Pain 2017; 18:107). Belege für diesen adjuvanten Effekt finden sich insbesondere in einer sechsarmigen randomisierten Studie aus Deutschland, an der 1743 Patienten – diese litten überwiegend an Migräne – teilgenommen haben.

Hier wurde eine Fixkombination aus Paracetamol, ASS und 50 mg Koffein verglichen mit einer Kombi aus Paracetamol und ASS, mit Paracetamol allein, ASS allein, Koffein (50 mg) allein oder Placebo. Untersucht wurde der Effekt von jeweils zwei Tabletten im akuten Anfall, was in den entsprechenden Gruppen einer Koffeindosis von insgesamt 100 mg entsprach.

Der primäre Endpunkt, eine 50-prozentige Schmerzlinderung, hatte sich in der Gruppe mit der Koffein-Kombination deutlich schneller, nämlich bereits nach 65 Minuten, eingestellt als in den anderen Gruppen (75, 79, 81, 107 beziehungsweise 133 Minuten).

Eine randomisierte vierarmige Studie, ebenfalls mit Placebogruppe, hatte sich auf TTH-Patienten konzentriert. Hier lag die Koffeindosis in der Gruppe mit der Fixkombi (Ibuprofen plus Koffein) bei insgesamt 200 mg, verteilt auf zwei Tabletten. Verglichen wurde mit Ibuprofen allein, Koffein allein sowie mit Placebo. Ergebnis: Mit der Koffein-Kombi besserten sich die Kopfschmerzen deutlich schneller, deutlich stärker und bei deutlich mehr Patienten als in den anderen Gruppen.

Paradoxe Effekte

In weiteren vier randomisierten, doppelblinden Studien mit insgesamt 1900 TTH-Patienten wurden die Parameter Schmerzintensität, Schmerzlinderung und Schmerzfreiheit untersucht. In allen Kategorien war die Koffein-Fixkombination (in diesem Fall mit insgesamt 130 mg Koffein) gegenüber Paracetamol sowie auch gegen Placebo überlegen. Der relative Zusatzeffekt lag zwischen 75 Prozent und 97 Prozent.

Nebenwirkungen traten in sämtlichen Studien bei fast allen Patienten auf, wobei insgesamt Nervosität (6,5 Prozent), Übelkeit (4,3 Prozent), abdominelle Schmerzen oder Unbehagen (4,1 Prozent) sowie Schwindel (3,2 Prozent) im Vordergrund standen. Diese waren jedoch in der Regel leicht und zeitlich begrenzt. Die Bauchschmerzen führen Lipton und seine Kollegen vor allem auf die NSAR zurück. Insgesamt würden die koffeinhaltigen Präparate gut toleriert.

Wie die Autoren betonen, ist die Wirkung von Koffein komplex, mit teilweise paradoxen, dosisabhängigen klinischen Effekten. Ab einer Dosis von 10 bis 35 mg/kg steigere Koffein den Magen-pH-Wert und die Motilität des Verdauungstrakts, was möglicherweise zur beschleunigten Resorption von Analgetika beitrage. Geringere Dosierungen könnten dagegen die Wirkung von Schmerzmitteln hemmen. Dies erkläre sich aus der unterschiedlichen Pharmakodynamik: So würden bei höheren Dosen zentrale noradrenerge Mechanismen aktiviert, bei mittleren Dosen zentrale Aminsysteme und bei niedrigen Dosen zentrale cholinerge Mechanismen.

Die optimale Dosierung sei derzeit noch nicht gesichert, so die Forscher. Derzeit gehe man davon aus, dass sich mit einer Dosis von 130 mg Koffein die Wirkung von Analgetika und NSAR bei TTH-Patienten und mit 100 mg und darüber die Wirkung bei Migräne-Patienten signifikant steigern lasse.

Unter 60 mg hat sich in Studien kein verlässlicher adjuvanter Effekt ergeben. Die Autoren warnen vor exzessivem Gebrauch: Dieser könne akut zu einer Verschlimmerung der Kopfschmerzen führen und langfristig dazu beitragen, dass TTH oder Migräne chronisch werden. Aber auch vom abrupten Koffeinentzug wird abgeraten; damit wiederum laufe man Gefahr, Migräneattacken zu triggern.

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Ulrike Elsner

© Rolf Schulten

Interview

vdek-Chefin Elsner: „Es werden munter weiter Lasten auf die GKV verlagert!“