Neuer Suchtbericht im Nordosten
Ministerin Stefanie Drese gegen „begleitetes Trinken“ von Jugendlichen
Auch ein generelles Werbeverbot für Alkohol und weitere Suchtmittel sollte nach Ansicht Dreses in Erwägung gezogen werden. Expertin Birgit Grämke rät Betrieben, Suchtmittelhelfer auszubilden.
Veröffentlicht:
In den Ergebnissen des Berichts zur ambulanten Suchthilfe spiegelt sich ein „schwerwiegendes und dauerhaftes Problem": Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Stefanie Drese (SPD).
© Jens Büttner / dpa-Zentralbild / dpa
Schwerin. Ein ausgeprägter Sucht- und vor allem Alkoholkonsum schreckt die Politik in Mecklenburg-Vorpommern auf. Laut aktuellem Bericht zur ambulanten Suchthilfe nahmen im vergangenen Jahr 9.790 Menschen im Nordosten Unterstützung einer Sucht-und Drogenberatung in Anspruch. Größte Gruppe unter ihnen sind Erwerbstätige.
Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) sprach bei der Vorlage des Berichts von einem "schwerwiegenden und dauerhaften Problem". "Besonders der Alkoholmissbrauch ist leider sehr weit verbreitet", sagte Drese. Sie nutzte die Präsentation des Berichts dazu, zu einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion über Strategien gegen Suchterkrankungen aufzurufen. Vorstellen kann sie sich etwa eine Änderung des Jugendschutzgesetzes: "Es darf nicht normal sein, dass junge Menschen so früh an den Alkohol herangeführt werden", sagte Drese mit Blick auf das für Jugendliche ab 14 Jahren erlaubte "begleitete Trinken" bei Familienfesten.
Für Drese gehört außerdem ein generelles Werbeverbot für Alkohol und andere Suchtmittel auf die politische Agenda. Laut Ministerin werden ab Oktober neue Anlaufstellen in den Landkreisen ihre Arbeit aufnehmen. Sie sollen Kindern und Jugendlichen aus psychisch oder suchtbelasteten Familien helfen.
Der Arzt Dr. Harald Terpe, Gesundheitsexperte der Grünen im Schweriner Landtag, nannte den Suchtbericht einen "Weckruf für unsere Gesellschaft". Er forderte einen Ausbau der Präventions- und Therapieangebote. Torsten Koplin von der Partei Die Linke – in Mecklenburg-Vorpommern Koalitionspartner der SPD – riet zu niedrigschwelligen Angeboten.
Suchtkrankenhelfer für Betriebe
Birgit Grämke, Geschäftsführerin der Landeskoordinierungsstelle für Suchtthemen (LAKOST MV), führt die Verbreitung des Suchtmittelkonsums unter Erwerbstätigen auf den Druck am Arbeitsplatz zurück. Sie verwies auf Schätzungen, wonach jeder fünfte Mitarbeiter in Unternehmen Suchtmittel in einem riskanten bzw. schädlichen Ausmaß konsumieren soll - mit Ausfall und Fehlzeiten als Folgen. "Wir empfehlen deshalb allen mittleren und großen Unternehmen, über unsere Landeskoordinierungsstelle einen betrieblichen Suchtkrankenhelfer ausbilden zu lassen", sagte Grämke. (di)