Forschung

Preis der Lilly Deutschland Stiftung geht an Wissenschaftlerinnen aus Leipzig und Hamburg

Anja Hilbert, Professorin für Verhaltensmedizin vom Uniklinikum Leipzig, ist für ihre Studie zur Untersuchung von psychosozialen Faktoren ausgezeichnet worden, die einen Einfluss auf den Erfolg eines Adipositas-chirurgischen Eingriffs haben. Prämiert wurden auch Arbeiten von Dr. Anja Christine Rohenkohl über die Lebensqualität bei Menschen mit Psychosen und von Professor Silke Wiegand-Grefe zum Thema Essstörungen nach bariatrischen Operationen. Beide Wissenschaftlerinnen arbeiten am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.

Veröffentlicht:
Professorin Anja Hilbert von der Uni Leipzig

Der Quality of Life Preis 2023 der Lilly Deutschland Stiftung wurde für herausragende Forschungsarbeiten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität verliehen (v.l.n.r.: Dr. Anja Christine Rohenkohl, Prof. Dr. Silke Wiegand-Grefe, Prof. Dr. Anja Hilbert).

© Steffen Hildenbrand

Bad Homburg. Sie bekommen in Sachen Ernährung nicht die Kurve: Es gibt Patienten mit schwerer Adipositas, bei denen nach einer bariatrischen Operation Essanfälle und damit einhergehende Essstörungen zu beklagen sind. Was bedeutet das langfristig für die gesundheitsbezogene Lebensqualität (Health-related Quality of Life, HRQoL) dieser Patienten und für ihre Chancen, Gewicht zu reduzieren? Und wie kann ihre Versorgung optimiert werden, damit sie auch dauerhaft von der bariatrischen Operation profitieren?

Das sind Kernfragen einer Arbeit, die zusammen mit zwei weiteren Untersuchungen in Bad Homburg von einer unabhängigen Jury mit dem Quality of Life-Preis 2023 der Lilly Deutschland Stiftung ausgezeichnet worden ist. Die Stiftung würdigt damit zum 27. Mal wissenschaftliche Projekte, die einen besonderen Beitrag zur Integration der gesundheitsbezogenen Lebensqualität in die therapeutische Praxis leisten. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 10.000 Euro dotiert.

Langfristiges Monitoring von Essverhalten nötig

In dem von Professorin Anja Hilbert und einem Team des Universitätsklinikums Leipzig initiierten Adipositas-Projekt wurden die psychosozialen Veränderungen bei Patienten mit schwerer Adipositas vor einer bariatrischen Operation und sechs Monate sowie in jährlichen Abständen ein bis sechs Jahre danach untersucht. Dabei wurde ermittelt, wie sich das bei diesen Patienten häufig auftretende „nicht-normative Essverhalten“ im zeitlichen Verlauf verändert und auf die HRQoL auswirkt.

Ein neues, praxisrelevantes Ergebnis der Studie ist, dass man das gestörte Essverhalten als geeigneten Vorhersagewert für eine langfristig geringere Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität und eine geringere Gewichtsreduktion heranziehen kann.

Wichtig, so ein weiteres Ergebnis der Untersuchung, ist deshalb ein langfristiges, über das erste Jahr nach der bariatrischen Operation hinausgehendes Monitoring von Essverhalten und Essstörungen, um Patienten zu identifizieren, die eine gezielte Prävention oder Psychotherapie benötigen. Bisher sei diese Erkenntnis im Behandlungsalltag nicht berücksichtigt worden, heißt es in der Untersuchung.

Erfassung von Lebensqualität im Praxisalltag noch heterogen

Mit dem Quality of Live-Preis 2023 ausgezeichnet wird auch die Arbeit von Professorin Silke Wiegand-Grefe vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die mit ihrem Team die gesundheitsbezogene Lebensqualität und psychische Gesundheit bei Kindern und Heranwachsenden mit einer schweren, seltenen Erkrankung erforschte.

Dritte Preisträgerin ist Dr. Anja Christine Rohenkohl vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Sie hat mit ihrem Team über einen Verlauf von fünf Jahren die Lebensqualität bei Menschen mit Psychosen untersucht, die im Versorgungskonzept „Integrierten Versorgung – Hamburger Modell“ behandelt wurden.

Jurymitglied Professor Matthias Rose von der Berliner Charité stellte bei der Preisverleihung klar, dass sich auf dem Gebiet der Forschung zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und zum patientenorientierten Nutzen von Therapien in den letzten Jahren viel bewegt habe. Im Praxisalltag allerdings sei die systematische Erfassung der Lebensqualität noch sehr heterogen.

Rose: „Die weiterführende Forschung zur Messung von gesundheitsbezogener Lebensqualität ist dringend geboten, damit diese in Therapieentscheidungen konsequent integriert und im klinischen Alltag routinehaft zur Anwendung kommen kann.“

Die Lilly-Stiftung will mit dem Preis dazu beitragen, dass Lebensqualität stärker in Therapieentscheidungen berücksichtigt wird. „Vor allem für Menschen mit schweren chronischen Erkrankungen ist es bedeutsam, dass die Behandlung nicht nur Symptome verbessert, sondern auch die Lebensqualität steigert“, erläuterte Dr. Cecilia Hanne, Geschäftsführerin der Lilly Deutschland Stiftung. (fuh)

Mehr zum Thema

Personalie

Jenaer Nierenspezialist Wolf in Academia Europaea berufen

Erforschung der Tuberkulose

Professorin Lalita Ramakrishnan erhält Robert-Koch-Preis 2024

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Will mehr Spezialisierung der Kliniken: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch vor der Bundespressekonferenz.

© Kay Nietfeld/dpa

Kabinett beschließt Reformgesetz

Lauterbach: Klinikreform rettet zehntausende Menschenleben

„Unsere Ergebnisse ziehen die herkömmliche Ansicht in Zweifel, wonach das Belastungs-EKG eine hohe Rate falsch positiver Befunde produziert“, bilanzieren die Studienautoren. (Symbolbild)

© Photographee.eu / stock.adobe.com

Studie bescheinigt hohe Spezifität

Feiert das Belastungs-EKG ein kardiologisches Comeback?

Es zeichne sich ab, so Professorin Anne Letsch vom Onkologischen Zentrum Campus Kiel des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, dass das biologische Geschlecht, aber auch Gender als soziales Rollenkonstrukt, an vielen Stellen Krebs und Krebsversorgung beeinflussen.

© [M] lera_efremova / stock.adobe.com

Gendermedizin in der Onkologie

Den geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Krebs auf der Spur