Trubel in Eckernförde

Vertragsärzte erheben schwere Vorwürfe gegen imland Klinik

Zu wenig Personal, keine Perspektive für junge Ärzte, Versorgungslücken und eklatantes Versagen: Niedergelassene Ärzte aus Eckernförde kritisieren die ansässige imland Klinik scharf. Das Krankenhaus reagiert nüchtern.

Von Dirk Schnack Veröffentlicht:
Keine Perspektive für junge Ärzte an der imland Klinik in Eckernförde? Niedergelassene Kollegen der Region befürchten dies.

Keine Perspektive für junge Ärzte an der imland Klinik in Eckernförde? Niedergelassene Kollegen der Region befürchten dies.

© Andreas Haertle / stock.adobe.com

Eckernförde. Niedergelassene Ärzte aus dem Raum Eckernförde richten schwere Vorwürfe an die Klinikleitung und an den Träger der imland Klinik. Sie beobachten, dass Ärzte die Klinik verlassen und befürchten, dass das Haus jüngeren Kollegen langfristig keine Perspektive bieten kann.

„Bestürzt, enttäuscht und wütend.“ So beschreiben niedergelassene Ärzte aus Eckernförde ihre Gemütslage, wenn es um die imland Klinik an ihrem Praxisstandort geht. Ihre Sorge geht so weit, dass sie sich mit diesen Worten in einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit wenden. Zugleich richten sie schwere Vorwürfe an die verantwortlichen Akteure: „Wir sehen hier ein eklatantes Versagen der Geschäftsführung und der politischen Entscheidungsträger.“

Die Vorwürfe sind auch wegen der Unterzeichner bedeutsam: Vier der fünf unterzeichnenden Ärzte vertreten wichtige Institutionen vor Ort: Die Vorsitzende des Kreisausschusses der Ärztekammer, Dörte Paulsen, der Vorsitzende des Ärztevereins Eckernförde, Olaf Carstensen, der Vorsitzende der KV-Kreisstelle, Dr. Eckard Jung, und der Vorsitzende des Qualitätszirkels der Eckernförder Hausärzte, Dr. Ulf Ratje. Unterzeichnet hat außerdem der hausärztliche Internist Leif Olbrich.

Angeblich zahlreiche Kündigungen

Im Kern geht es ihnen um die Frage, wie viel Personal die Klinik vorhält, ob die Versorgung damit gewährleistet ist und ob der Standort für junge Ärzte noch eine Zukunftsperspektive bietet. Grund für die Verstimmung ist der Weggang bewährter Chirurgen aus der Klinik. Laut Pressemitteilung aus dem ambulanten Bereich haben sich Ärzte „in Scharen“ aus der Klinik verabschiedet – die niedergelassenen Ärzte nennen eine Größenordnung von 30 Prozent der Oberärzte, die gekündigt haben sollen.

„Wir Ärzte fragen uns, warum die Geschäftsführung, aber auch die politischen Entscheidungsträger nicht in der Lage sind, kompetenten und langjährig erfahrenen Ärzten eine Zukunftsperspektive an ihrem Kreiskrankenhaus aufzuzeigen“, heißt es in der Mitteilung. Nach ihrer Wahrnehmung können die Arbeitsbedingungen an der Klinik „keine Grundlage für erfahrene Fachärzte sein und erst recht keine Perspektive für junge Kollegen, die sich in die ärztliche Weiterbildung begeben wollen“.

Es geht aber auch um die aktuelle Versorgung. Die Ärzte verweisen als Beispiel auf eine von der imland Klinik im Jahr 2017 übernommene chirurgische Gemeinschaftspraxis, die in ein MVZ umgewandelt wurde und derzeit geschlossen ist. Folge demnach: „In der Konsequenz besteht in diesem Bereich eine gewaltige regionale Versorgungslücke, diese wird auf dem Rücken der Patienten und der Hausärzte ausgetragen, die jetzt die Versorgung der chirurgischen Patienten zum Teil mit übernehmen müssen.“ Sie mahnen zugleich: „Wer einen ambulanten Kassensitz erwirbt, hat hier einen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen.“

Klinik: Operationszahlen sind stabil

Die in Trägerschaft des Kreises Rendsburg-Eckernförde befindliche imland Klinik ging in einer schriftlichen Stellungnahme nur indirekt auf die Vorwürfe ein: „Strukturell ist das Haus in Eckernförde jederzeit in der Lage, eine adäquate Versorgung stattfinden zu lassen. Es gibt lediglich eine mengenmäßige Begrenzung aufgrund der Anzahl an Operationssälen“, teilte sie mit.

Imland verwies zudem darauf, dass längere Operationen, die nicht der Notfallversorgung dienen und absehbar mehrtägige Intensivpflege nach sich ziehen, nicht in den Leistungskanon eines Grund- und Regelversorgers wie Eckernförde gehörten.

Die Operationszahlen am Standort Eckernförde sind laut Klinik stabil. Im Monat August habe es 310 Eingriffe in der Regelarbeitszeit und 49 in der Nacht gegeben. Zum Vergleich: Im gleichen Monat ein Jahr zuvor seien dies 356 bzw. 54 Eingriffe gewesen. Den Rückgang erklärt das Haus mit der Pandemie.

In der Mitteilung versichert das Haus: „Die Chirurgie und die Anästhesie sind in Eckernförde auch nach Dienstschluss so besetzt, dass einfache Notfälle wie Blinddarmoperationen durchgeführt werden können. Lediglich größere und umfangreichere Eingriffe werden nach Rendsburg verlegt. Dies dient auch der Fürsorge der Klinikleitung gegenüber den Beschäftigten, die Dienste am Standort in Eckernförde in angemessenem Rahmen zu halten.“

Mehr Zugänge als Abgänge

Anders als die Wahrnehmung der niedergelassenen Ärzte liest sich die Darstellung der Klinik zur Personalsituation. Zwischen Januar und September 2020 hat es laut imland an den beiden Standorten zusammen zwar 30 Abgänge beim ärztlichen Personal, aber auch 48 Zugänge gegeben. Insgesamt seien damit 359 Mediziner bei imland – also an den Standorten Eckernförde und Rendsburg – beschäftigt.

In der Pflege habe es bei 41 Abgängen 121 Zugänge im gleichen Zeitraum (insgesamt: 692 Pflegefachkräfte) gegeben. Der Standort Eckernförde wird von der Klinikleitung als „unverzichtbarer Teil der imland GmbH“ bezeichnet. Als Beleg führt der Träger die am Standort geplanten Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten an.

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