Mediziner vor Gericht

Allgemeinarzt gesteht Kindesmissbrauch

Er trat als Fluchthelfer für Nordkoreaner auf - seine Bilder gingen um die Welt. Jetzt steht ein 55-jähriger Allgemeinarzt aus Göttingen vor Gericht. Der Vorwurf: Kindesmissbrauch.

Veröffentlicht:
Arzt (M) vor Gericht (G).

Arzt (M) vor Gericht (G).

© Swen Pförtner / dpa

GÖTTINGEN. Vor 13 Jahren ging sein Bild um die Welt. Damals stand der Göttinger Arzt vor der spanischen Botschaft in Peking und prangerte vor zahlreichen Mikrofonen und Kameras das menschenverachtende Regime in Nordkorea an. Zuvor hatte er in einer spektakulären Aktion gemeinsam mit Menschenrechtsaktivisten 25 Nordkoreanern zur Flucht verholfen.

Am Dienstag hatte der 55-Jährige wieder einen öffentlichen Auftritt, diesmal allerdings als Angeklagter: Der frühere Arzt muss sich vor dem Landgericht Göttingen wegen wiederholten sexuellen Missbrauchs eines 13-jährigen Mädchens verantworten.

Der Angeklagte, der in den 1990er Jahren eine Praxis für Allgemeinmedizin in Göttingen hatte und sich auch bereits dort mit spektakulären Aktionen in Szene setzte, wirkte zum Prozessauftakt nur noch wie ein Schatten seiner selbst: Ein sichtlich abgemagerter Mann mit langen grauen Haaren, üppigem Bart und schwarzer, hochgeschlossener Kleidung.

Während er früher auch vor handfesten Auseinandersetzungen mit koreanischen und chinesischen Sicherheitskräften nicht zurückscheute, hielt er diesmal den Blick gesenkt, als ihn Justizbeamte in Handschellen in den Verhandlungssaal führten.

Der 55-Jährige war Ende Dezember nach einem Hinweis der Eltern des Mädchens festgenommen worden. Er sitzt seitdem wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft. Ursprünglich hatte ihn die Staatsanwaltschaft wegen 21 Missbrauchsfällen angeklagt, das Gericht ließ jedoch nur 14 Anklagepunkte zu.

Schon einmal vor Gericht

Laut Anklage soll der Mediziner ab Juni vergangenen Jahres das 13-jährige Mädchen wiederholt sexuell missbraucht haben. Dabei soll er auch mehrfach ungeschützten Geschlechtsverkehr mit ihr gehabt haben. Die Taten sollen auf Wiesen und Waldlichtungen im Göttinger Umland sowie im Wohnhaus seiner geschiedenen Ehefrau stattgefunden haben.

Auf die Frage des Vorsitzenden Richters, ob er sich zu den Vorwürfen äußern wolle, sagte der Angeklagte mit brüchiger Stimme: "Ich gestehe alle Taten." Nähere Angaben wollte er allerdings nicht machen. Das Gericht will deshalb in seiner nächsten Sitzung das heute 14-jährige Mädchen als Zeugin vernehmen.

Der 55-Jährige hatte 1998 schon einmal in Göttingen auf der Anklagebank gesessen. Damals verurteilte ihn das Amtsgericht zu einer Geldstrafe, weil er nach einem Zivilprozess im Göttinger Gerichtsgebäude unter den Augen von rund 60 Patienten und vor laufenden Kameras mit einer Schreckschusspistole hantiert und sich aus Protest gegen das Gesundheitsstrukturgesetz eine Treppe heruntergestürzt hatte.

Später war der Mediziner mehrere Jahre für internationale Hilfsorganisationen in Asien aktiv. Nach eigenen Angaben lebt er seit fünf Jahren wieder in Göttingen. (pid)

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kriminalität

Lebenslange Haft in Folterprozess gegen syrischen Arzt

Nachruf

Eckart Fiedler – ein Leben für die Selbstverwaltung

Kommentare
Dr. Florian Baier 31.05.201311:11 Uhr

wenn er schuld war...

...sollte er wenigstens Alles aussagen um dem Mädchen die Vernehmung zu ersparen

Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Vorbeugen ist besser als heilen

Wie die Infektionsprophylaxe bei Krebspatienten gelingt

Lesetipps
Zoster-Impfung keine Hilfe bei Lippenherpes

© Porträt: privat | Spritze: Fied

Sie fragen – Experten antworten

Zoster-Impfung keine Hilfe bei Lippenherpes

Bei der Frage, ob und wann die Nieren gespült werden sollten, herrscht Uneinigkeit.

© Hifzhan Graphics / stock.adobe.com

Akutes Nierenversagen

Fragwürdige Nierentherapien: Nicht unnötig spülen!