Doping

Armstrongs starke Beschützer

Der zweifelhafte Aufstieg von Lance Armstrong zum einstigen Superstar des Radsports war nur durch die frühere Führung des Weltverbandes UCI möglich. Das geht aus dem Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission hervor.

Von Stefan Tabeling Veröffentlicht:

AIGLE. Bevorzugte Behandlung seiner Stars Lance Armstrong und Alberto Contador, viele Verfehlungen im Anti-Doping-Kampf und weitere fragwürdige Vorgänge in der dunklen Zeit des Radsports: Die frühere Führung des Weltverbandes UCI mit den umstrittenen Ex-Präsidenten Hein Verbruggen und Pat McQuaid ist durch einen unabhängigen Bericht der Untersuchungskommission CIRC schwer belastet worden.

Es gebe "zahlreiche Beispiele", dass Armstrong von der UCI "verteidigt" oder "beschützt" worden sei, heißt es in dem 227-seitigen Report, der am Montag veröffentlicht wurde.

Vertuschung nicht nachgewiesen

Eine Geldzahlung von Armstrong an die UCI in Höhe von 125 000 Dollar wurde belegt. Dass sie im Zusammenhang mit einer Vertuschung von positiven Dopingproben des Amerikaners stehen, konnte aber nicht nachgewiesen werden.

"Die UCI befreite Lance Armstrong von Regeln, verpasste es, ihn trotz Verdächtigungen gezielt zu testen und unterstützte ihn öffentlich gegen Dopinganschuldigungen", analysierte die Kommission, die von der neuen Führung der UCI im Januar 2014 eingesetzt worden war.

Armstrong war erst 2012 nach dem Ende seiner Karriere wegen langjährigen Dopings lebenslang gesperrt worden.

Außerdem wurden ihm nahezu alle Erfolge, darunter die sieben Siege bei der Tour de France, aberkannt. Der Texaner hatte anschließend ein Dopinggeständnis abgelegt und begrüßte nun die Veröffentlichung des Berichts.

"Ich hoffe, dass die Enthüllung der Wahrheit in eine strahlende und Doping-freie Zeit des Sports führt, den ich liebe", teilte er am Montag in einem Statement auf seiner Homepage mit. "Ich entschuldige mich zutiefst für viele Dinge, die ich gemacht habe."

Aufstieg zum Superstar

Wie der Report festhält, sei der Aufstieg Armstrongs zum Superstar seiner Sportart erst durch die UCI möglich gewesen.

"Für die UCI war Armstrong die perfekte Wahl, um der Sportart zu einer Renaissance zu verhelfen. Die Tatsache, dass er Amerikaner war, öffnete dem Sport die Tür zu einem neuen Kontinent", hieß es in dem Bericht.

Dass positive Dopingproben vertuscht wurden, konnte nicht belegt werden. Trotzdem erscheint die UCI-Führung wegen dubioser Vorgänge in einem schlechten Licht.

1999 wurde bei Armstrong nach einer positiven Probe auf Kortison entgegen des Reglements ein nachträgliches Attest zugelassen. 2001 waren bei Armstrong während der Tour de Suisse Proben als "verdächtig" hinsichtlich EPO-Dopings festgestellt worden.

Die UCI hatte auf weitere Untersuchungen verzichtet und Spenden von Armstrong akzeptiert, was die Kommission als "unklug" wertete. Ähnlich wertet die Kommission den Fall Contador. Auch der zweimalige Tour-de-France-Sieger aus Spanien sei in den Genuss einer bevorzugten Behandlung gekommen.

Für ihre Dopinganwendungen bekannte Ärzte sind dem UCI-Untersuchungsbericht zufolge weiter als Sportmediziner für Profis aktiv. Trotz Sanktionen hätten die Ärzte - teils durch Mittelsmänner oder in anderen Ländern - einen Markt für Doping-Handel.

Zeugen hätten ausgesagt, dass der spanische Blutdoping-Doktor Eufemiano Fuentes trotz seines vierjährigen Berufsverbots weiterhin Athleten behandele. Ein anerkannter Profi habe ausgesagt, dass 90 Prozent des Hauptfelds im Radsport gedopt seien.

Laut dem Report sind frühere Leistungssteigerungen von 10 bis 15 Prozent inzwischen nicht mehr möglich. Durch das engere Kontrollnetz sei der Nutzen von Epo-Doping auf drei bis fünf Prozent gesunken.

Für den heutigen Radsport sieht die CIRC weiter Probleme: "Der Kampf gegen Doping ist noch lange nicht gewonnen." Laut den Gesprächen der CIRC seien viele Fahrer der Ansicht, dass Doping auch heute noch "weit verbreitet ist". (dpa)

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