Lebensqualität messbar machen

Bonner Assistenzarzt mit Quality-of-Life-Preis geehrt

Wie wirkt sich die Kombitherapie mit Lomustin-Temozolomid bei Glioblastomen auf die Lebensqualität aus? Der Bonner Assistenzarzt Dr. Johannes Weller ist dieser Frage nachgegangen und dafür nun mit dem Lilly Quality-of-Life-Preis ausgezeichnet worden.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Dr. Johannes Weller ist Assistenzarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Bonn.

Dr. Johannes Weller ist Assistenzarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Bonn.

© UNIKLINIK BONN

Neu-Isenburg. Glioblastome sind die häufigsten bösartigen hirneigenen Tumore. Da sie sehr schnell auch in das gesunde Hirngewebe wuchern, können sie chirurgisch nur in Ausnahmefällen vollständig entfernt werden. Die Inzidenz liegt bei 3-5 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner, die mittlere Überlebenszeit beträgt 15-18 Monate.

Gerade beim Glioblastom stellt sich die Frage, ob die wenigen zusätzlichen Lebensmonate, die ein Patient durch eine ihn belastende Behandlung gewinnt, den Verlust an Lebensqualität rechtfertigt. Genau dieser Frage ist Dr. Johannes Weller von der Klinik und Poliklinik für Neurologie am Universitätsklinikum Bonn in einer Studie nachgegangen und hat dafür einen der vom Arzneimittel-Hersteller Lilly Deutschland vergebenen Quality-of-Life-Preise 2020 erhalten.

17 Unizentren an Studie beteiligt

An der von Weller und Kollegen vorgelegten randomisierten, multizentrischen Phase III-Studie zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität und neurokognitiven Funktion mit Lomustin-Temozolomid versus Temozolomid bei Patienten mit neu diagnostiziertem, MGMT-methyliertem Glioblastom (CeTeG/NOA-09) waren 129 Probanden aus 17 Universitätszentren in Deutschland beteiligt. Die Therapie mit Lomustin-Temozolomid bringt Patienten im Vergleich zur Behandlung mit Temozolomid eine signifikante Verlängerung des Überlebens von durchschnittlich anderthalb Jahren.

In ihrer Studie wiesen die Forscher nach, dass damit kein Verlust der Lebensqualität einhergeht: Jene Patienten, die mit einer Kombination aus Lomustin und Temozolomid behandelt wurden, litten nicht häufiger an physischen oder psychischen Beeinträchtigungen als die, denen ausschließlich Temozolomid verabreicht wurde.

45 Arbeiten wurden eingereicht

Mit dem Quality-of-Life-Preis will Lilly die Integration der Messung von Lebensqualität und patientenbezogenem Nutzen in die Therapieentscheidung fördern. Seit 1996 wurde die Auszeichnung bereits zum 24. Mal vergeben, wie Dr. Thomas M. Zimmermann, Head of Health Economics and Outcomes Research bei Lilly, aus Anlass der virtuellen Preisverleihung betonte. 2020 wurden 45 Arbeiten eingereicht, von denen Lilly vier mit dem Quality-of-Life-Preis ehrte.

Einen Preis erhielten Dr. Claudia Börnhorst vom Leibnitz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) sowie ihre Kolleginnen Dr. Dörte Heger und Anne Mensen vom Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung für eine Studie, die den Zusammenhang zwischen der Gesundheit und finanziellen Situation während der Kindheit sowie der Lebensqualität im Ruhestand untersucht. Ihre Analysen basieren auf den Daten von mehr als 13.000 Rentnerinnen und Rentnern zwischen 60 und 85 Jahren aus dem Survey of Health, Aging and Retirement in Europe (SHARE). Berücksichtigt wurden Daten zur Gesundheit, zum Bildungsniveau, zur finanziellen Situation und Lebensqualität von Probanden aus fünf europäischen Regionen.

Finanzielle Situation in Kindheit wirkt sich auf spätere Gesundheit aus

Börnhorst und ihre Kolleginnen stellten fest, dass die Lebensqualität aller Teilnehmer mit der finanziellen Situation in der Kindheit korrespondierte. Allerdings war dieser Zusammenhang in Südeuropa (Italien und Spanien) deutlicher ausgeprägt als in Nordeuropa (Dänemark und Schweden), was möglicherweise auf Unterschiede in den Wohlfahrts- und Bildungssystemen der Länder zurückzuführen ist. Das werten die Autorinnen positiv: Schließlich bedeute dies, dass es mit den richtigen staatlichen Systemen durchaus möglich sei, ungerechte Startbedingungen im Verlauf des Lebens auszugleichen.

Zwei weitere Quality-of-Life-Preise erhielten Forscher aus Heidelberg und Leipzig. Dr. Christina Sauer von der Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Psychosomatik am Universitätsklinikum Heidelberg und Kollegen haben in einer longitudinalen Multicenterstudie den Einfluss von sozialer Unterstützung auf die Lebensqualität von Krebspatienten untersucht. Insgesamt wurden 1.087 Patienten in ihre Untersuchung eingeschlossen. Es zeigte sich, dass der Einfluss der sozialen Unterstützung auf die psychosoziale Situation der Patienten schwach bis moderat war. „Unsere Ergebnisse“, schlussfolgert die Autorin, „unterstreichen die Bedeutung psychoonkologischer Interventionen für Krebspatienten und ihre Angehörigen, insbesondere bei längeren Krankheitsverläufen.“

Wie beeinflussen Migrationserlebnisse die Gesundheit?

Dr. Yuriy Nesterko von der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie an der Universität Leipzig hat sich in seiner mit dem Quality-of-Life-Preis ausgezeichneten Studie mit Verläufen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Migranten in Deutschland befasst, wobei ihn vor allem der Einfluss von zuwanderungsbezogenen Faktoren wie Herkunftsland, Einreisealter und Aufenthaltsdauer interessierte. Datengrundlage bildete das Sozioökonomische Panel, eine jährliche Haushaltsbefragung, die vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung vorgenommen wird.

Wichtigstes Ergebnis seiner Arbeit: Migrationsspezifische Faktoren haben einen negativen Einfluss auf den Verlauf der psychischen Komponente der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, was für den Untersuchungszeitraum zwischen 2002 und 2012 vor allem Migranten der 2. Generation, solche mit türkischen und südeuropäischen Wurzeln sowie Migranten, die im jüngeren Alter nach Deutschland eingewandert sind, betraf.

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