Doping-Verdacht

Claudia Pechstein erringt Sieg gegen Weltverband ISU

Wegen Doping-Verdachts war Eisschnellläuferin Claudia Pechstein 2009 für zwei Jahre gesperrt worden. Jetzt hat sie vor dem Oberlandesgericht München im Kampf gegen den Weltverband ISU einen Sieg errungen. Die Entscheidung dürfte von großer Wirkung für die Sportgerichtsbarkeit sein.

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Claudia Pechstein freut sich über die Entscheidung.

Claudia Pechstein freut sich über die Entscheidung.

© Andreas Gebert/dpa

MÜNCHEN. Für Claudia Pechstein war es ein Feiertag. Das Oberlandesgericht München nahm am Donnerstag die Schadenersatzklage der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin gegen den Eislauf-Weltverband ISU an.

Das Gericht erklärte die 2009 getroffene Schiedsvereinbarung Pechsteins mit der ISU für unwirksam und erkennt die Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofes CAS zu ihrer Sperre nicht an.

"Es ist ein großer Tag für mich. Dieser Sieg ist mehr wert als alle meine Olympia-Medaillen zusammen", sagte die 42 Jahre alte Sportlerin.

"Wir haben einen Sieg errungen, der Sportrechtsgeschichte schreibt. Der CAS muss jetzt grundlegend reformiert werden", erklärte ihr Münchner Anwalt Thomas Summerer.

Schwankende Retikulozyten-Blutwerte

Der CAS war am 25. November 2009 dem Urteil des Weltverbandes ISU gefolgt und hatte die Zwei-Jahres-Sperre Pechsteins wegen schwankender Retikulozyten-Blutwerte ohne Doping-Beweis bestätigt.

Pechstein hat Doping stets bestritten und führt eine geerbte Blutanomalie als Grund für ihre schwankenden Werte an, die bis in die heutige Zeit weiter registriert, aber nicht mehr bestraft werden.

In dem Münchner Schadenersatzprozess hat die Berlinerin die ISU daher auf 4,4 Millionen Euro für erlittenes Unrecht erklagt.

Die ISU geht nach der Niederlage in Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Das bestätigte ISU-Anwalt Christian Keidel. "Wir halten das Urteil nach wie vor für falsch", bekräftigte Keidel.

Er erklärte, es habe den Anschein, dass er vor dem Gericht mehr den Sportgerichtshof CAS als den Eislauf-Weltverband verteidigen musste.

Das Oberlandesgericht kippte damit die Entscheidung des Landgerichts München I, dass der Spruch des CAS anerkannt werden müsse.

Die deutschen Gerichte seien daher in der Frage des Schadenersatzes nicht mehr an das CAS-Urteil gebunden, hieß es in der Begründung des OLG. Die Schiedsvereinbarung Pechsteins sei unwirksam, weil sie gegen "zwingendes Kartellrecht" verstoße.

"Eine epochale Entscheidung"

"Das ist eine epochale Entscheidung: Noch nie hat sich ein ordentliches Gericht auf diese Weise mit einem Dopingfall beschäftigt. Das Urteil eröffnet jetzt alle Möglichkeiten, auch die Frage, ob Claudia gedopt hat oder nicht, völlig neu aufzurollen", erläuterte Pechsteins Berliner Anwalt Simon Bergmann, der sie seit der ersten juristischen Instanz betreut.

Das Pechstein-Urteil kann somit von großer Tragweite für die deutsche und internationale Sportgerichtsbarkeit sein. Sollte der BGH dem Urteil des OLG folgen, würden künftig Sportler ein Wahlrecht zwischen Sportgerichtsbarkeit und ordentlichen Gerichten erhalten.

Erst nach dem BGH-Urteil wird vor dem Oberlandesgericht über die finanziellen Forderungen von Pechstein verhandelt.

Die ISU müsste dann der Athletin Doping nachweisen. Vor den Sportgerichten hatte sie bisher ihre Unschuld beweisen müssen und war damit gescheitert. (dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 15.01.201516:15 Uhr

Medizin mit ''Y''?

Das haben sich die Funktionäre vom Weltverband ISU (International Skating Union, CH 1007 Lausanne) und vom Internationalen Sportgerichtshof CAS (Court of Arbitration for Sport) so schön vorgestellt:
Einfach mal wegen schwankender Retikulozyten-Blutwerte ohne Doping-Beweis Medizin-bildungsfern die Zwei-Jahres-Sperre von Claudia Pechsteins bestätigen und "medizynisch" zur Tagesordnung übergehen wollen.

Denn Frau Pechsteins Diagnose war und ist: Hereditäre Xerozytose, eine Membrananomalie, ähnlich der Sphärozytose (Kugelzell-Anämie). Dieser genetische, autosomal-dominant erbliche Erythrozytendefekt aus der Gruppe der Membranopathien mit Kationenpermeabilitätsstörungen und klinisch variablem, mild-hämolytischen, phasenweise inapparentem Verlauf ist für ihre auffälligen Retikulozytenwerte verantwortlich und n i c h t unzulässige Doping-Aktivitäten. Vgl.
http://www.claudia-pechstein.de/Gutachten/Prof.Eber%2006.02.2011.pdf

Prof. Dr. med. Stefan Eber, München, Spezialist für Hämatologie/Onkologie/Gerinnungsstörungen konnte diese Diagnose auf Anhieb stellen. Jetzt bleibt kaum ein juristisches Schlupfloch für ISU und CAS, den berechtigten Schadenersatzforderungen zu entgehen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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