Der Arzt soll es richten, fordert Mick Jagger

Von Manfred Poser Veröffentlicht:

Der Rock’n’Roll wird im übernächsten Jahr fünfzig Jahre alt, doch ein Arzt würde an ihm schleichende Vergreisung feststellen. Mit immer neuen jungen Bands und Stars geht die Show zwar weiter. Aber echte Fans, die um 1956 geboren wurden, als Bill Haley erstmals "Rock around the Clock" sang, halten sich an die guten alten Platten aus den 60er und 70er Jahren.

Was auffällt: In den Texten der traditionellen Songs hat der "Doctor" seinen festen Platz. Das mag vielleicht daran liegen, daß die Rockmusik vom Blues her kommt, von den traurigen Gesängen der Sklaven auf den Feldern der Südstaaten. Sie haben aufgrund ihrer Leidensgeschichte oft den "Blues" - oder sie sind schlicht verliebt. Schon die Sängerin Memphis Minnie hatte in den 30er Jahren den Song "Doctor Doctor Blues" im Repertoire.

Wer leidet, braucht den Arzt, und "Doctor" singt sich gut

Auch der Rock zwei Jahrzehnte später war elektronisch eingekleidetes Leiden. Wer leidet, braucht den Arzt, und "Doctor" singt sich halt gut. 1958 beispielsweise konsultierte Ross Bagdasarian alias David Seville (1919-1972) mit seiner Band "The Chipmunks" den "Witch Doctor".

Er wurde in den USA ein Riesenhit, auch wenn der Text wie oft in der populären Musik dürftig wirkt: "I told the witch doctor I was in love with you ... and then the witch doctor told me what to do." Später kam, unweigerlich, der "Rock’n’Roll Doctor" von Lowell George, des Sängers und Begründers von "Little Feat". So heißt auch ein neues Album zu dessen 25jährigen Todestag. Das Titelstück singen die Buddaheads.

"I ain‘t no doctor, but I fill your prescription"

Rory Gallagher (1950-1996) war einer der größten Bluesgitarristen. Am Beginn von "All Around Man" von 1975 läßt er die Gitarre mit dem Bottle-neck-Aufsatz auf den Saiten jaulen; er setzt zu einem kurzen Riff an, dann singt er den Text von Bo Carter: "I ain’t no doctor, I ain’t no doctor’s son, but I fill your prescription, till the real doctor comes; till the real doctor comes." Pause; dann wiegt sich Gallagher mit der Stratocaster in den Blues-Rhythmus, Bass und Schlagzeug fallen schwerblütig ein, und das Honky-Tonk-Klavier schließlich krönt diesen Blues.

"Oh help me, please Doctor, I‘m damaged."

Auf ihrer Schallplatte "Beggar’s Banquet" (1968) haben die Rolling Stones "Dear Doctor" gepreßt, mit einer fast volksliedhaften langsamen Melodie. Der Refrain lautet: "Oh help me, please doctor, I’m damaged. There’s a pain where there once was a heart." Der Arzt möge es herausreißen, fordert Mick Jagger lautstark.

Es ist das alte Motiv des verwundeten Herzens, das auch Robert Palmer umtrieb, den vor zwei Jahren 54jährig gestorbenen Sänger mit dem eleganten Touch. Palmer hatte einen Hit mit seinem Song "Bad Case of Loving You (Doctor Doctor)".

Bei den "Stones" kann der "Dear Doctor" übrigens helfen: "You can put back my heart in its hole, oh mama, I’m cryin’ tears of relief, and my pulse is now under control", jubelt Jagger am Schluß. Ein klarer Heilungserfolg. Im Hardrock war ein beliebter Song "Doctor Doctor" 1971 von UFO aus Großbritannien mit einem lyrischen Intro, das nach einer Kunstpause losbricht zu einem sechsminütigem Fetzer und Phil Moggs "Doctor doctor please ..."

Vielleicht erinnert sich auch noch jemand an die Bluesband "Humble Pie", die stolz verkündete: "I don’t need no doctor". Doch das war zur Frühzeit der Rockmusik, und die Helden waren jung. The Who haben etwas später, 1974, als man Konzeptalben komponierte, "Doctor Jimmy" besungen, auf der legendären "Quadrophenia". Heute allerdings interessieren durchkomponierte Alben nicht mehr; die Hörer basteln sich durch Herunterladen ihre eigenen Versionen zusammen.

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