Examen

Die Uni macht die Noten

An der Uni A wird das Examen fast geschenkt, an Uni B muss gekämpft werden bis zum Schluss? Notengebung muss transparenter werden, fordert der Wissenschaftsrat.

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Docere, delectare, movere: Auch bei den Noten?

Docere, delectare, movere: Auch bei den Noten?

© Miguel Villagran / dpa

BERLIN. Der Durchschnitt der Prüfungsnoten an deutschen Hochschulen weist je nach Studienfach, Hochschule und Abschluss nach wie vor große Unterschiede auf.

"Mit welcher Note ein Studium abgeschlossen wird, hängt in Deutschland nicht nur von der Prüfungsleistung ab, sondern auch davon, was und wo man studiert", erklärt der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Wolfgang Marquardt, zum Arbeitsbericht für das Prüfungsjahr 2010.

Im Diplomstudiengang Biologie schnitten 2010 beispielsweise 98 Prozent, im Diplomstudiengang Psychologie 97 Prozent, der Universitätsabsolventen mit "gut" oder "sehr gut" ab. In den entsprechenden Bachelorstudiengängen waren es 84 Prozent (Biologie), 95 Prozent (Psychologie)

Erhebliche Unterschiede zeigen sich auch innerhalb der einzelnen Fachbereiche. So können die durchschnittlich vergebenen Abschlussnoten je nach Standort um mehr als einen ganzen Notenschritt voneinander abweichen.

Generell setzt sich die Tendenz zur Vergabe besserer Noten im Vergleich zu früheren Jahren weiterhin fort. In den Bachelorprüfungen, die 2010 ein knappes Drittel der bestandenen Prüfungen ausmachten, wurde in vier von fünf Fällen die Abschlussnote sehr gut oder gut vergeben.

Vergleiche nur schwer möglich

Generell bemängelt der Wissenschaftsrat die eingeschränkte Vergleichbarkeit von Prüfungsnoten. Durch die starken Unterschiede in der Notengebung zwischen einzelnen Fächern und zwischen einzelnen Hochschulstandorten werde die Aussagekraft der einzelnen Note erheblich geschwächt.

"Bei der Auswahl der Kandidaten für Master-Programme sind die Hochschulen nun erstmals selber auf standortübergreifend vergleichbare Prüfungsnoten angewiesen", so Marquardt.

"Vielleicht gibt dies den Anstoß, die Benotungspraxis an Hochschulen einmal gründlich zu reflektieren." Langfristig müsse auf Bewertungsmaßstäbe hingewirkt werden, die eine weitgehende Vergleichbarkeit der Bachelor-Prüfungsnoten zumindest im gleichen Fach und in verwandten Fächern gewährleisten.

Als leistungsfeindlich und nur scheinbar studentenfreundlich hat der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, die "Inflation von Bestnoten bei Examensabschlüssen an deutschen Hochschulen" kritisiert.

"Es ist ein Zeichen hochgradigen Versagens der Fakultäten und Hochschulleitungen, dass sie trotz der bereits für 2001 und für 2005 festgestellten Aufweichung von Leistungskriterien in keiner Weise gegengesteuert haben", betonte Meidinger.

Und weiter: "Wenn 80 Prozent aller Examensarbeiten mit den Bestnoten 1 und 2 bewertet werden, in einzelnen Fächern sogar die Eins die Regelnote ist, dann kann von differenzierter Notengebung keine Rede mehr sein! Die eigentlich Leidtragenden sind die guten, leistungsstarken Absolventen, deren Leistungsvorsprung dadurch kaum mehr deutlich wird!".

Verbandschef Meidinger wandte sich auch gegen die These, wegen der starken Selektion in den unteren Semestern blieben eben nur die Besten übrig.

In den Studienfächern Biologie und Jura seien die Studienabbruchsquoten fast gleich hoch. Trotzdem zählten die Rechtswissenschaften zu den wenigen Studienfächern mit differenzierter Notengebung. Während im Fach Biologie die Eins dabei sei, zur Regelnote zu werden. (eb)

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