Sammlung Murken

Die Welt der Medizin im Kinderbuch

In einem Museum in Nordrhein-Westfalen können Besucher eine spannende Zeitreise durch mehr als 200 Jahre medizinische Kinder- und Jugendliteratur machen.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Bernhard Schmitz präsentiert das Buch "Der gute Doktor" von 1908. Autor war der Gynäkologe Max Nassauer.

Bernhard Schmitz präsentiert das Buch "Der gute Doktor" von 1908. Autor war der Gynäkologe Max Nassauer.

© Smith

TROISDORF. Wer heutzutage ein Kinder- oder Jugendbuch aus der weiten Welt der Medizin sucht, wird in nahezu allen Bereichen fündig. Sachbücher, Ratgeber, Romane, selbst Comics beschäftigen sich mit Krankheiten, ärztlicher Heilkunst, Sexualität, mit Geburt oder Tod.

Doch noch bis in die 1970-er Jahre hinein waren medizinische Themen im Genre des Kinder- und Jugendbuchs die Ausnahme, von den Jahrhunderten davor ganz zu schweigen. Eine spannende Zeitreise durch mehr als 200 Jahre medizinische Kinder- und Jugendliteratur bietet die Sammlung Murken im Bilderbuchmuseum Burg Wissem in Troisdorf.

Professor Axel Hinrich Murken ist einer der renommiertesten Medizin- und Kunsthistoriker Deutschlands. Der 1937 in Gütersloh geborene Arzt war bis zur Emeritierung 2003 Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin und des Krankenhauswesens am Universitätsklinikum der RWTH Aachen.

Sowohl beruflich als auch privat begann er sich eigenen Angaben zufolge in den 70-er Jahren mit medizinischen Kinderbüchern zu beschäftigen und trug im Laufe von drei Jahrzehnten etwa 4000 Exemplare zusammen.

Sammlung ist in Europa einzigartig

Seine europaweit einzigartige Sammlung, die alle wesentlichen Kinderbücher zur Heilkunde, Hygiene und Gesundheitsvorsorge von der Biedermeierzeit bis heute umfasst, hat der Medizinhistoriker vor zehn Jahren dem Bilderbuchmuseum Burg Wissem gestiftet, wo sie sich heute nicht nur bei Kindern und Jugendlichen großer Beliebtheit erfreut.

"Das Besondere jeder Sammlung ist, dass sie die Persönlichkeit und den ästhetischen Hintergrund des Sammlers widerspiegelt", sagt Bernhard Schmitz, der die von Murken gestifteten Bücher im Bilderbuchmuseum der Stadt Troisdorf betreut. "Bei Murken merkt man, dass er als Mediziner zwischen den Geistes- und Naturwissenschaften pendelt.

Geordnet hat er seine Sammlung nach Facharztbereichen, die Bücher also der Inneren Medizin, Psychiatrie oder Chirurgie zugeordnet." Parallel dazu sammelte der Kunst- und Medizinhistoriker auch medizinisches Spielzeug vom Krankenwagen bis zur Puppenhausklinik sowie Bilder und Grafiken, die sich mit dem kranken Kind und seiner Situation befassen. Auch sie stiftete Murken dem Museum.

Kinder durften erst seit der Aufklärung Kinder sein, galten doch selbst die Jüngsten bis dahin als kleine Erwachsene. Ihre Emanzipation hatte Folgen, die sowohl in der Medizin als auch in der Literatur abzulesen sind.

Die Kinderheilkunde beispielsweise bildete sich erst im 18. Jahrhundert heraus; und auch die Anfänge der medizinischen Kinderbuchliteratur datieren aus dieser Zeit. Das bekannteste Werk, das aus dem Geist der Epoche entstand, ist zweifelsohne der "Struwwelpeter" von Heinrich Hoffmann, der bis heute 540 Auflagen erlebte.

Palette von alten bis zu modernen Kinderbüchern

Eines der Schmuckstücke der Sammlung Murken stellt das erstmals 1908 veröffentlichte Bilderbuch "Der gute Doktor" von Max Nassauer (1869-1931). Der deutsche Gynäkologe und Schriftsteller, der auch unter dem Pseudonym Dr. Harmlos schrieb, hat mit seinem "nützlichen Bilderbuch für Kinder und Eltern" (Untertitel) den ersten modern-medizinischen Bilderbuch-Klassiker geschaffen, wie Murken in einer Würdigung schreibt.

Die 14 Versgeschichten des Werks warnen ähnlich wie der "Struwwelpeter" vor kindlichem Fehlverhalten, welches im schlimmsten Fall zu Krankheit, Verletzung oder gar zum Tod führt.

Von Bernhard Christoph Fausts "Gesundheits-Katechismus" (1797) bis hin zu modernen Kinderbüchern über Aids finden Besucher der Ausstellung nahezu alle Themen rund um Heilkunde, Arzt, Krankenhaus, Hygiene und Gesundheitsfürsorge. Einen unterhaltsamen Überblick zur Entwicklung des Zeitgeistes gewinnt man, wenn man sich die Aufklärungsbücher der vergangenen 50 Jahre anschaut.

Zwar soll das Bilderbuchmuseum wie auch die Sammlung Murken vor allem Kinder und Jugendliche ins Museum locken. "Wir bieten jedoch auch Erwachsenenführungen an", erklärt Bernhard Schmitz. "Vor allem Ältere erinnern sich mit Freude an die Bücher ihrer Kindheit."

Weitere Infos: www.bilderbuchmuseum.de

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