Motorradunfälle

Fahrtraining ist der beste Schutz

Schwere Schutzkleidung, Protektoren auf dem Rücken – das sollte Motorradfahrer vor schweren Verletzungen schützen. Schon bei geringen Geschwindigkeiten und einem Aufprall auf der Landstraße reicht das nicht, warnt ein Wissenschaftler.

Von Carsten Linnhoff Veröffentlicht:
Motorrad fahren macht Spaß, ist aber auch gefährlich.

Motorrad fahren macht Spaß, ist aber auch gefährlich.

© lassedesignen / stock.adobe.com

MÜNSTER. Siegfried Brockmann fährt selbst seit Jahrzehnten Motorrad. Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (GDV) beurteilt sein eigenes Studienergebnis aus Sicht des Zweiradpiloten als eher enttäuschend: „Das ist sicherlich deprimierend.“ Brockmann und sein Team hatten sich die tödlichen Unfälle mit Motorradfahrern genauer angeschaut.

Sie wollten wissen: Welche Verletzungen haben zum Tod geführt, und hat das Fahren in einer Gruppe Auswirkungen? Die Biker fahren ja gerade am Wochenende und bei schönem Wetter gerne mal im Pulk los.

Motorradfahrer 21 Mal gefährdeter

2018 starben in Deutschland 619 Motorradfahrer im Straßenverkehr, besagen die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. In Relation zu den gefahrenen Kilometern sind Motorradfahrer 21 Mal gefährdeter, im Straßenverkehr zu sterben, als Autofahrer.

Dabei profitieren Motorradfahrer laut GDV-Studie nicht von den allgemeinen Fortschritten in der Verkehrssicherheit. So schützt die übliche Kleidung mit Protektoren bei einem Aufprall auf ein Hindernis bereits ab einer Geschwindigkeit über 25 Stundenkilometer nicht vor lebensbedrohlichen Verletzungen.

„Wir müssen klar sagen, dass keine praktikable Schutzkleidung in der Lage ist, bei einem Aufprall mit üblicher Landstraßengeschwindigkeit eine tödliche Verletzung zu verhindern“, sagt Brockmann. Dabei habe die Schutzkleidung natürlich ihren Sinn. Besonders bei Stürzen auf den Asphalt – ohne Aufprall.

Meist Unfall selbst verursacht

Das große Verbesserungspotenzial sitze auf dem Motorrad, sagt Brockmann: Zwei Drittel aller getöteten Motorradfahrer auf Landstraßen hätten den Unfall selbst verursacht. Entweder, weil er oder sie in den Gegenverkehr geraten war, oder weil er/sie in der Gruppe nicht den nötigen Abstand gehalten hatte.

Etwas überraschend: Der unaufmerksame Autofahrer, der den Motorradfahrer übersieht, ist seltener als gedacht Unfallauslöser. „Hauptunfallgegner sind nicht Autos, sondern Motorradfahrer“, sagt der Forscher.

Der Experte sprach sich daher für ein verpflichtendes Fahrsicherheitstraining aus. „Gefahrenbewusstsein ist wichtig. Da haben wir einen großen Hebel.“ Aber ohne Zwang gehe es wohl nicht.

200 Unfälle analysiert

Für die Studie hatte Brockmann über 2000 schwere Zweirad-Unfälle ausgewertet. Bei den tödlichen Verletzungen waren in 94 Prozent der Fälle der Brustkorb und in 63 Prozent der Kopf betroffen. „15 Prozent aller schweren Unfälle waren bei Gruppenfahrten. Das ist unterdurchschnittlich“, so Brockmann.

Er appelliert an die Biker, größere Sicherheitsabstände einzuhalten und versetzt zu fahren. „Eigentlich müsste ich sagen, die Fahrer sollten noch größere Abstände einhalten, aber dann wäre es kein Fahren in der Gruppe mehr.“

Starben 2011 noch 708 Motorradfahrer bei einem Unfall in Deutschland, so waren es 2016 den Angaben zufolge 536 – und 2018 dann wieder 619. Auch bei den leicht- und schwer verletzten Fahrern schwanken die Zahlen.

Nach 17.728 Schwerverletzten im Jahr 2010 lag dieser Wert im vergangenen Jahr bei 20.480. 2010 gab es 8606 leicht verletzte Motorradfahrer, 2018 waren es 10.320. (dpa)

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