Trumps Wahlsieg

Grabesstille nach der US-Wahl

Nicht nur New York hatte sich bereits auf eine große Wahlparty für Hillary Clinton eingerichtet. Mit dem Wahlsieg Trumps regiert nun vielerorts der Schock – und es herrscht eine fassungslose Stille.

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Grabesstille nach der US-Wahl

© Douliery Olivier / abaca / picture alliance

NEW YORK. "Ich heiße Muhammad mit Vornamen – was mache ich denn jetzt?", fragt ein Mann am frühen Mittwochmorgen am New Yorker Times Square. "Muss ich so schnell wie möglich auswandern?" Um ihn herum herrscht Grabesstille, keine Spur von der geplanten Wahlparty. Nur kurz zuvor wurde Donald Trump zum 45. Präsidenten der USA ausgerufen – in New York völlig unerwartet.

Ungläubigkeit, Fassungslosigkeit und Schock sprechen aus den Gesichtern der meisten Menschen in der traditionell demokratisch wählenden Millionenmetropole, die auch diesmal mehrheitlich für Clinton gestimmt hat. "Das wird die Apokalypse", sagt ein junger Afroamerikaner. "Der Trump Tower wird zum Hauptquartier des Ku Klux Klan. Mein Herz ist gerade kurz stehengeblieben."

Ein daneben stehender Mann besänftigt. "So schlimm wird das schon nicht werden, die Medien haben ihn so kontrolliert, das werden sie auch weiter machen."

"Kann Clinton nicht ausstehen"

Sie habe für Trump gestimmt, sagt eine ältere Frau. "Hauptsächlich weil ich Clinton nicht ausstehen kann. Mit dem Ergebnis hatte ich so nicht gerechnet, es ist interessant. Ich glaube, es wird sich viel ändern im Land."

Eine komplett in Rot gekleidete Frau jubelt nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. "Die Götter haben uns erhört." Trump könne nur ein besserer Präsident werden als Barack Obama, ergänzt ihr ebenfalls ganz in Rot gekleideter Sohn, der neben ihr steht. Keine Frage: Nicht nur der Wahlkampf, auch das Wahlergebnis haben die Geister in den USA geschieden.

Dabei schien die Lage zumindest in New York ganz klar, die meisten Menschen hatten zu Beginn des Abends mit einer großen Wahlparty für Clinton gerechnet. "Aufgeregt und optimistisch" sei die Stimmungslage, sagte eine Runde junger Frauen bei einer demokratischen Wahlparty in einer Bar in der Nähe des Bahnhofs Grand Central. Auf Twitter war schon zu einer großen Party später in Brooklyn aufgerufen worden – dort wo sich die President- und die Clinton-Straßen treffen.

"Auf Wiedersehen, Hillary!"

Er habe für Clinton gestimmt, sagte ein als Freiheitsstatue verkleideter Mann auf dem Times Square zu Beginn des Abends. "Ich bin Latino – da hat man doch keine Wahl." Aber kurz darauf kommt eine kleine Gruppe Demonstranten über den Platz gelaufen. "Latinos für Trump" steht auf ihren Plakaten, "Schwarze für Trump" sind auch dabei. "Auf Wiedersehen, Hillary!", singen sie.

An einem Klapptisch verkauft ein Mann New-York-Souvenirs, dazu Hillary-Shirts, Fahnen und Kalender. "Trump-Sachen verkaufe ich nicht. Ich hasse den Typen", sagt er. "Die Leute fragen danach, aber ich verkaufe es ihnen nicht. Das ist keine wirtschaftliche Entscheidung für mich."

Doch warum haben doch so viele Amerikaner Trump ihre Stimme gegeben? Der Politikwissenschaftler Jackson Janes hält die große Unzufriedenheit in den USA für die wichtigste Ursache. Trump sei als ein "Symptom" für ein Gefühl des Unmuts quer durch verschiedene Teile von Amerika zu sehen, sagte der Präsident des American Institute for Contemporary German Studies am Mittwoch. Eine "Fragmentierung in der Gesellschaft" sei in den USA seit Jahren zu beobachten. Auch die Wirkung der wirtschaftlichen Krise auf das Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung sei unterschätzt worden. "Ich glaube, das hat dazu beigetragen, dass viele Leute gesagt haben: Wir wollen einen Wechsel. Und das war Trump."

Vor dem Wechsel, den der 45. Präsident der USA – übrigens mit 70 Jahren der älteste in der Geschichte des Landes – nun einläutet, haben nicht nur viele Bürger des Landes Angst. Auch Prominente haben das Wahlergebnis mit Sorge kommentiert: So empfand Schauspielerin und Sängerin Ariana Grande den Wahlsieg als "unglaublich beängstigend", schrieb sie im Kurznachrichtendienst Twitter. "Ich bin am Weinen".

Schauspieler Ben Stiller fand zwei knappe, aber deutliche Worte, um seine Gefühle am Mittwoch öffentlich zu machen: "Bizarrer Traum." (dpa)

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