Nach dem Essen nicht vergessen

Zur Pflege der Zähne wurde schon früh verschiedenste Werkzeuge und Putzmittel genutzt von Holzstäbchen, Marmorstaub bis zu gekochten Fröschen. In China wurden dann im 15. Jahrhundert spezielle Bürsten mit Schweineborsten erfunden. Doch erst seit etwa 100 Jahren hat sich das Zähneputzen bei uns durchgesetzt.

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Zahnreinigung: Von Zahnhölzchen (Miswak, oben) über 250 Jahre alte Zahnbürstenfunde aus Deutschland (Mitte) bis hin zur ersten Oral-B-Zahnbürste und Blend-a-med-Zahnpasta vor 60 Jahren (siehe unten).

Zahnreinigung: Von Zahnhölzchen (Miswak, oben) über 250 Jahre alte Zahnbürstenfunde aus Deutschland (Mitte) bis hin zur ersten Oral-B-Zahnbürste und Blend-a-med-Zahnpasta vor 60 Jahren (siehe unten).

© Blend-a-med (3), LWL/Pesch (1, Mitte)

Von Ursula Armstrong

Zum strahlenden Lächeln und zum Erfolg gehören blendend weiße Zähne - das signalisieren heutzutage alle Werbefotos. Das war nicht immer so. Auf den meisten Porträts von Adeligen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert etwa schauen diese meist ernst und stets mit geschlossenem Mund.

Nicht ohne Grund. Denn selbst die Mitglieder der Elite hatten schwarze, kariöse Zähne - und wahrscheinlich entsprechenden Mundgeruch. Die konsequente Pflege der Zähne, wie wir es heute kennen, hat sich in Europa nur sehr langsam verbreitet.

Gereinigt haben Menschen ihre Zähne aber bereits seit fast zwei Millionen Jahren. Knochenfunde aus Tansania belegen, dass schon vor 1,8 Millionen Jahren Zahnstocher verwendet wurden. Bei den alten Ägyptern gehörte die Mundreinigung mit Natron zur morgendlichen Toilette.

Sie stellten auch eine Art Zahnpasta her: Bimsstein wurde zu Pulver zerstoßen, mit Essig vermischt und mit kleinen Stöckchen auf die Zähne aufgetragen. Die Griechen reinigten ihre Zähne jeden Morgen mit einem rauen Leinentuch. Auch die Römer benutzten Stoffläppchen.

Um die Zähne zum Glänzen zu bringen, streuten sie zudem fein pulverisierten Bimsstein und Marmorstaub darauf. Gegen Mundgeruch wurden aromatische Kräuter oder Hölzchen gekaut.

Zahnschutz mit zum Teil eigenartigen Methoden

Nicht nur Hebräer, Griechen und Römer kauten bleistiftgroße Hölzchen. Ein großer Verfechter der Zahnreinigung war auch der Prophet Mohammed. Er verwendete Stäbchen aus den Wurzeln des Arak-Baumes (Salvadora persica).

Das Ende des 5 bis 12 Zentimeter langen Stäbchens wird durch Kauen oder Plattklopfen zu einer Art Pinsel ausgefasert. Damit werden Speisereste aus den Zähnen entfernt. Diese Miswak oder Siswak genannten Hölzchen werden noch heute in vielen, vor allem arabischen Kulturen benützt.

Auch der Zahnschutz hat Tradition - mit zum Teil eigenartige Methoden. So kochten die Römer, die gern und viel Zucker aßen und entsprechend häufig Karies und Zahnschmerzen hatten, Frösche in Essig. Mit der Brühe wurde der Mund ausgespült.

Sie glaubten auch, dass der Urin von kleinen Jungen gut für die Zähne wäre. Ähnlich abstruseEmpfehlungen gegen Zahnschmerzen gab es bei den Germanen: Man solle einen Splitter aus der Rinde eines Holunderbaumes schneiden, damit das Zahnfleisch blutig stochern und dann den Splitter in den Baum zurück stellen. Wenn er wieder festgewachsen sei, seien alle Zahnschmerzen verschwunden.

Im Europa des Mittelalters setzte man eher auf Reliquien, um die Zähne zu schützen. Die Schutzheilige der Zahnkranken war die Heilige Apollonia. Dieser frühchristlichen Märtyrerin hatte man alle Zähne ausgeschlagen. Trank man nun Wein aus einem Kelch, in dem an einer Kette ein Zahn der Heiligen hing, sollte man danach keine Zahnschmerzen mehr kriegen.

Ein Volksarzneibuch aus dieser Zeit empfiehlt zudem, eine Kröte in einem Ameisenhaufen zu vergraben und später aus ihren Schenkelknochen Zahnstocher herzustellen. Diese magischen Stocher sollten vor Zahnschmerzen schützen. Kein Wunder, dass es damals genügend Arbeit für die herumreisenden Zahnbrecher, Zahnknacker und Zähnereißer gab.

Die erste Zahnbürste wurde wahrscheinlich in China erfunden. Im Jahr 1498 wurden sie erstmals schriftlich erwähnt. Die ersten Zahnbürsten waren allerdings eher Zahn-Pinsel. Die Borsten stammten vom Nacken von Hausschweinen und wurden an Stielen aus Bambus oder Knochen befestigt.

Im 17. Jahrhundert brachten Kaufleute die Erfindung nach Europa. Doch sie setzte sich nur zögernd durch. Zahnbürsten waren teuer, nur die Reichen konnten sie sich leisten. Auch warnten Mediziner Jahrhunderte lang vor den Gefahren: Vom groben Bürsten würden die Zähne irreparabel geschädigt. Abgefallene und verschluckte Borsten könnten außerdem den Blinddarm schädigen.

In Deutschland wurde die Zahnbürste erstmals 1749 im "Universallexikon aller Wissenschaften und Künste" erwähnt. Um 1800 wurden in München Zahnbürsten, wie wir sie kennen, entwickelt. Ein Bürstenmacher stellte einen Antrag zur Ausübung der "Zahnbürstlmachung".

 Schweine- oder weichere Pferdeborsten wurden gekocht, gebleicht, geschnitten und mit Pech oder Leim an einen Stiel aus Knochen geklebt. Die ersten dieser Zahnbürsten ähnelten eher Haarbürsten und waren so breit, dass man an die hinteren Zähne nicht hinkam.

Das konsequente Zähnebürsten setzte sich bei uns erst vor etwa 100 Jahren durch. Mit der Erfindung des Nylons 1938 wurden Zahnbüsten dann zum Massenprodukt.

Historisches

Zur Zahnreinigung wurden zu allen Zeiten alle möglichen Pulver hergestellt. In Europa hat man etwa versucht, die Zähne mit Pulvern aus Kohle und Asche weiß zu bekommen. Das hat sogar funktioniert: Die Zähne wurden wirklich weiß - allerdings färbte sich das Zahnfleisch jedoch schwarz. Ein Zahnpulver-Rezept aus dem Jahr 1787 zum Beispiel listet auf: 10 Gramm Chinarinde 5 Gramm geröstete Brotrinde 2,5 Gramm Tabakasche

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