Staatliche Instrumentalisierung

So arbeitete das DRK der DDR

Gesellschaftliches Engagement ohne Mitgliedschaft in der SED – viele DRK-Mitglieder in der DDR nutzten diese Chance.

Von Christoph Fuhr Veröffentlicht:
In einem Barkas B1000 Einsatzfahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes der DDR werden im April 1981 Geräte kontrolliert.

In einem Barkas B1000 Einsatzfahrzeug des Deutschen Roten Kreuzes der DDR werden im April 1981 Geräte kontrolliert.

© picture alliance/dpa/dpa-Zentral

DRK-West, DRK-Ost: Es gab eine Phase in der Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes, in der die Organisation sowohl diesseits, als auch jenseits des Eisernen Vorhangs eigenständig vertreten war. Mit der individuellen Freiheit sah es im Osten allerdings eher schlecht aus. Das DRK wurde in der Deutschen Demokratischen Republik staatlich instrumentalisiert und kontrolliert. Von Beginn an seien die Mitglieder einer Dauerpropaganda ausgesetzt gewesen. Sie hätten aber weiter das Bedürfnis gehabt, nach den Rotkreuz-Grundsätzen zu handeln, zu denen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gehörten. Das ergibt eine Studie, die die Historikerin Andrea Brinkmann vorgelegt hat.

Die DRK-Führung habe es damals für notwendig erachtet, ideologische Erziehungsarbeit zu leisten. Ziel sei es gewesen, sozialistische Persönlichkeiten heranzubilden. Viele Schriftquellen und Zeitzeugenberichte belegten jedoch, dass die Propaganda den Alltag in den Grundorganisationen nicht bestimmt habe.

DRK-Vizepräsident Dr. Volkmar Schön stellte im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ klar, dass es im Nachhinein unfair sei, die DRK-Mitglieder der DDR pauschal zu verurteilen. Das DRK der DDR sei in internationalen Gremien vertreten gewesen und dort als seriös akzeptiert worden – für die DDR-Machthaber auch aus eigenem Interesse ein guter Grund, es mit der Kritik an der Organisation nicht zu überziehen.

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Das DRK der DDR wird im Oktober 1952 gegründet. Zwei Jahre später wird es durch das „Internationale Komitee vom Roten Kreuz“ (IKRK) international anerkannt und in die Liga der Rotkreuz-Gesellschaften aufgenommen. Zunächst zeigt die Bevölkerung wenig Interesse an den Aktivitäten der Organisation, fehlt es ihr doch an Informationen über die neue Ausrichtung.

Schnelle Verwandlung in Massenorganisation

Doch innerhalb von vier Jahren wächst die Zahl der Mitglieder von 64.000 auf 218.000 an. Das DRK der DDR wird eine Massenorganisation, die vor etwa 45 Jahren Jahren mehr als 650.000 Mitglieder hatte. Neben den Funktionen, die sich aus dem obligatorischen Aufgabenspektrum als nationale Gesellschaft der Rotkreuz-Gemeinschaft ergeben, übernimmt die Organisation sogenannte „gesellschaftliche Tätigkeiten“. Und so gibt es bald in jedem größeren Betrieb und Wohnbezirk eine Grundorganisation mit Sanitätern sowie Gesundheits- und Arbeitshygienehelfern. Für viele, insbesondere für medizinische Fachkräfte, bietet die Mitgliedschaft eine Möglichkeit, sich gesellschaftlich zu engagieren, ohne der SED beitreten zu müssen.

Das DRK der DDR fühlte sich stets der Prävention verpflichtet, „Huste oder niese nicht anderen Leuten ins Gesicht! Wenn wir uns beim Husten angewöhnen, den linken Handrücken vor den Mund zu halten, so vermeiden wir eine Übertragung durch das Hände geben ...“: Die Botschaft einer Präventionsbroschüre von einst ist – erweitert und modifiziert – heute noch topaktuell. (fuh)
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