Spickzettel von Schülern sind wissenschaftlich wertvoll

NÜRNBERG (dpa). 40 Jahre sammelte Günter Hessenauer Briefe, Spickzettel und Kritzeleien seiner Schüler. 5000 Dokumente umfasst die einzigartige Sammlung, die der Lehrer nun der Universität Erlangen-Nürnberg zur wissenschaftlichen Auswertung übergeben hat.

Veröffentlicht:

"Als fleißiger junger Lehrer habe ich nach Unterrichtsschluss immer geschaut, ob die Klasse sauber ist und die liegen gebliebenen Zettel eingesammelt", sagt der 66-Jährige. Im Laufe der Zeit habe er festgestellt, dass hinter den Briefen, Kritzeleien und Spickzetteln mehr stecke als nette oder witzige Ideen.

"Eine solche Sammlung ist international bisher nicht bekannt. Auch wenn das Spicken eine uralte Tradition ist, die es bereits im alten Rom gab", sagt Annette Scheunpflug von der Universität. Hessenauers Sammlung sei deshalb ein großer Glücksfall für die Forschung. "Aus den Briefchen und Spickzetteln können wir viel über den Alltag der Schüler, ihre Beziehungen zueinander, ihre Sprache und ihre politischen Einstellungen erfahren", erklärt Scheunpflug. Die Sammlung wird zunächst katalogisiert. Von Oktober an sollen ausgewählte Stücke im Nürnberger Schulmuseum gezeigt werden.

Die Inhalte der Briefchen reichen von komplex ausformulierten Ratschlägen, endlich mit der "heulenden Freundin" Schluss zu machen, bis zu simplen Anfragen wie "Hast du mal ein Taschentuch?". Eine Auflistung der Zehn Gebote auf 5,5 Zentimetern aus den sechziger Jahren gehört zu Hessenauers Lieblingsspickzetteln. Ein handwerklich begabter Schüler wiederum hat den Stoff für die Klassenarbeit einmal in ein Stück Kreide geritzt. Technischer Höhepunkt ist eine eingescannte und in Farbe dann wieder ausgedruckte Papierbanderole einer Limonaden-Flasche mit Infos zur Geschichte der USA anstelle der Inhaltsstoffe.

"Ein Hand geschriebener Spickzettel ist pädagogisch äußerst wertvoll", sagt Hessenauer. "Der Schüler komprimiert das Wissen, das er lernen muss, und hat damit eigentlich genau das geleistet, was der Lehrer sich wünscht. Meistens braucht er den Zettel meiner Erfahrung nach dann gar nicht mehr."

Jetzt abonnieren
Schlagworte:
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

„ÄrzteTag“-Podcast

Was wäre Ihre Lieblings-GOP in der GOÄneu, Dr. Beier?

Porträt

Ein Zahnarzt und Ballermann-Sänger: Tobias Riether

Lesetipps
Angesichts der weltweit alternden Bevölkerung ist mit einem weiteren Anstieg der Alzheimer-Inzidenz zu rechnen (derzeit werden jährlich rund 7,7 Millionen neue Fälle weltweit diagnostiziert). Antivirale Maßnahmen gegen das Herpes-Virus könnten präventiv wirken.

© KI-generiert Галя Дорожинська - stock.adobe.com

Auch andere neurotrope Viren impliziert

Alzheimer-Risiko durch Herpes: Neue Evidenz aus Real-World Daten

Die Ärzte Zeitung hat jetzt auch einen WhatsApp-Kanal.

© prima91 / stock.adobe.com

News per Messenger

Neu: WhatsApp-Kanal der Ärzte Zeitung

Ältere Diabetikerin, die ihren Blutzuckerspiegel zu Hause mit einem kontinuierlichen Glukosemessgerät kontrolliert.

© Halfpoint / stock.adobe.com

Deprescribing bei Typ-2-Diabetes

Diabetes bei Älteren: Chancen und Risiken einer Polypharmazie