Besuch in Mainz

Steinmeier: „Trabert macht auf Lücken im Versorgungssystem aufmerksam“

Bundespräsident Steinmeier löst mit dem Besuch bei Sozialmediziner Gerhard Trabert in Mainz ein Versprechen ein: Dessen Verein „Armut und Gesundheit“ widmet sich denen, die durch das Raster des Sozialstaats fallen.

Andrea SchudokVon Andrea Schudok Veröffentlicht:
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trifft bei seinem Besuch des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“ in Mainz auf dessen Vorsitzenden, Gerhard Trabert.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier trifft bei seinem Besuch des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“ in Mainz auf dessen Vorsitzenden, Gerhard Trabert.

© Boris Roessler / dpa

Mainz. Soziale Ungerechtigkeit gefährde die Demokratie – dies werde zu wenig gesehen, sagte Professor Gerhard Trabert im Anschluss an das Treffen mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser war der Einladung des Sozialmediziners gefolgt und hat am Donnerstag den Verein „Armut und Gesundheit in Deutschland“ in Mainz besucht. Das Ziel des Vereins ist es, die Gesundheitsversorgung für hilfebedürftige Menschen zu verbessern.

„Es ist ein sehr wichtiges Zeichen, dass der Bundespräsident genau jetzt zu uns gekommen ist“, sagte Trabert, der Anfang des Jahres selbst als Anwärter auf das Amt gegen Steinmeier antrat. Trabert sieht soziale Gerechtigkeit und Demokratie eng verbunden. Er warnte, dass aufgrund des Krieges in der Ukraine zwar viel über die Sicherung der Demokratie diskutiert wird, nicht aber darüber, dass Menschen, die vom System ausgeschlossen werden, sich von der Demokratie abwenden. Ein wichtiger Schritt, um dies zu verhindern, sei eine gerechtere Gesundheitsversorgung in Deutschland.

Auch Steinmeier sagte, dass man in Deutschland nicht über obdachlose und benachteiligte Menschen hinwegsehen dürfte. „Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht fast jedem offen. Der Verein Armut und Gesundheit macht auf Lücken in unserem System aufmerksam und hilft tatkräftig.“ Beispielsweise helfen die Mitarbeiter, Patienten wieder eine Krankenversicherung zu bekommen. Steinmeier bewundere dies.

Präsident spricht mit Betroffenen

Steinmeier tauschte sich bei seinem Besuch auch mit Betroffenen aus, denen der Verein „Armut und Gesundheit“ hilft. Einer von ihnen ist Wolfgang Fahr, mit 89 Jahren der älteste Patient von Vereinsgründer Trabert. Als sich Steinmeier nach dem Datum seines nächstes Geburtstages erkundigte, wurde er kurzerhand zu den Festivitäten eingeladen.

Eine Einladung sprach wohl auch Steinmeier selbst aus. Trabert berichtete, dass ein weiteres Treffen im September in Berlin geplant sei. „Ich setze auf Kontinuität“, sagte der Sozialmediziner. Ihm seien die politischen Differenzen mit Steinmeier bewusst. Der frühere Kanzleramtsminister gilt als einer Promotoren der Agenda 2010 mit ihren umstrittenen Sozialreformen. Von den gegenseitigen Besuchen erhofft Trabert sich mehr Aufmerksamkeit bei Entscheidungsträgern für soziale Gerechtigkeit – hoch im Kurs stünden bei ihm die Bürgerversicherung und eine Vermögenssteuer.

Im Anschluss an das Treffen betonte auch Katharina Binz (Grüne), stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, dass Projekte wie „Armut und Gesundheit“ aufgrund ihrer Niedrigschwelligkeit sehr wichtig für die Versorgung benachteiligter Menschen seien. Binz wolle sich selbst dafür einsetzen, dass auf Bundesebene ein Fonds etabliert wird, aus dem die Behandlung für Patienten ohne Krankenversicherung bezahlt werden kann.

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Bereits im März hatten Steinmeier und Trabert über die Situation von Obdachlosen in Deutschland gesprochen. Der Bundespräsident hatte den Obdachlosenarzt nach seiner Wiederwahl ins Schloss Bellevue eingeladen. Trabert hatte durch seine eigene Kandidatur für die Linke Aufmerksamkeit erregt. Er erhielt 96 Stimmen in der Bundesversammlung und erfuhr damit Zustimmung auch aus anderen politischen Lagern.

Bereits damals hatte Steinmeier in seiner Rede vor der Bundesversammlung die Bedeutung von Traberts Arbeit betont. Mit seiner Kandidatur mache Trabert auf die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten aufmerksam. (schu)

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