Ökologie

Verstärken winzige Würmer den Klimawandel?

Nematoden sind die weltweit häufigsten Tiere. Besonders in den Böden von Wäldern des Nordens haben sie wichtige Funktionen, so eine Studie.

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Etwa 57 Milliarden Fadenwürmer pro Mensch gibt es laut der neuen Studie weltweit.

Etwa 57 Milliarden Fadenwürmer pro Mensch gibt es laut der neuen Studie weltweit.

© Senckenberg

GÖRLITZ. Fadenwürmer (Nematoden) sind weltweit die häufigsten Tiere. Die mikroskopisch kleinen, farblosen Würmchen haben sich an nahezu jedes terrestrische und aquatische Ökosystem angepasst. „Nematoden übernehmen wichtige Funktionen für den Nährstoffkreislauf im Boden und damit für das Pflanzenwachstum und die Bodenfruchtbarkeit. Dennoch lagen bisher der zahlenmäßigen Verbreitung dieser Bodenlebewesen auf unserer Erde nur grobe Schätzungen zugrunde“, erklärt Dr. Karin Hohberg vom Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz.

Hohberg gehört zu einem internationalen Forscherteam unter der Leitung von Johan van den Hoogen von der ETH Zürich und Stefan Geisen vom Netherlands Institute of Ecology in Wageningen. Die Wissenschaftler haben hochgerechnet, dass etwa 4,4 x 1020 Nematoden die Böden der Welt besiedeln (Nature 2019; 572: 194).

„Obwohl wir wussten, das Nematoden in sehr hoher Anzahl auftreten – oft mehr als eine Million pro Quadratmeter Boden in unseren Breiten - sind die Ergebnisse verblüffend: Nach unseren Berechnungen kommen auf jeden Menschen etwa 57 Milliarden Fadenwürmer. Ihre Biomasse bringt ein Gewicht von 300 Millionen Tonnen auf die Waage – das sind 80 Prozent der Masse der derzeitigen menschlichen Weltbevölkerung“, berichtet Hohberg in einer Mitteilung es Senckenberg-Instituts.

Insgesamt haben die Forscher 6759 Bodenproben aus allen Regionen und von allen Kontinenten der Erde unter dem Mikroskop ausgewertet und analysiert. In Summe zeigen die weltweit generierten Daten, dass die Anzahl und Masse der Nematoden von den subarktischen Regionen zum Äquator abnimmt.

Überraschende Verteilung der Nematoden

38,7 Prozent der Nematoden leben in borealen Wäldern und Tundren Nordamerikas, Skandinaviens und Russlands, 24,5 in den gemäßigten Zonen und nur 20,5 Prozent in den Tropen und Subtropen. „Dies ist gegenteilig zu dem Bild, das wir oberhalb des Bodens kennen – hier sind die Tropen am tierreichsten“, so Hohberg.

Diese überraschende geografische Verteilung könnte auch erhebliche Auswirkungen auf das globale Klima haben: Die Böden der Arktis und Subarktis bilden große Kohlenstoffreservoirs, in denen Treibhausgase gebunden sind.

„Da Nematoden und auch alle anderen Bodentiere bei höheren Temperaturen aktiver sind, setzen sie mit zunehmender Wärme in diesen Regionen möglicherweise auch zunehmend Kohlenstoff frei, der dann als Treibhausgas Kohlendioxid wiederum zu einem Temperaturanstieg führen kann“, legt Hohberg dar und gibt einen Ausblick: „Unsere Studie soll dabei helfen, die Rolle der Bodenorganismen im globalen Stoffkreislauf besser zu verstehen und so unter anderem auch die Auswirkungen im und auf den Klimawandel besser einzuschätzen.“ (eb)

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