Vom Feuerwehrmann zum Hypnotiseur

Leute bergen, Havarien beseitigen und viel Blut sehen: Für Rettungskräfte der Feuerwehr kann der Job viel Härte bedeuten. Der ehemalige Feuerwehrmann Norbert Koine hat ein neues Leben angefangen: Als Hypnotiseur hofft er, künftig auch alten Kollegen helfen zu können. Und er macht eine Ausbildung zum Heilpraktiker.

Von Thomas Trappe Veröffentlicht:
Norbert Koine war Feuerwehrmann, dann wechselte er seinen Beruf.

Norbert Koine war Feuerwehrmann, dann wechselte er seinen Beruf.

© Trappe

RIESA. Mit den Ex-Kollegen ist es so eine Sache. Viel Kontakt besteht nicht mehr zu den Feuerwehrleuten, er ist ja eine Weile raus aus dem Geschäft. "Richtig ernst nehmen die es nicht, da mache ich mir nichts vor."

Norbert Koine wundert das nicht, er war ja lange genug einer von ihnen, um zu wissen, wie man bei der Feuerwehr so tickt. Leute bergen, Havarien beseitigen, harte Arbeit eben.

Was soll man da schon von einem denken, der das Fach gewechselt hat. Und jetzt in der Seelsorge arbeitet. Als Hypnotiseur.

Norbert Koine hat mit seinen 52 Jahren die kernige Erscheinung, die einem Feuerwehrmann gut steht. Im Blaumann empfängt einen der Mann mit den nach hinten gekämmten Haaren und dem breiten Schnauzer Besuch in seinem Haus in Riesa. Unten richtet der Hobbyhandwerker gerade ein paar Räume her, neue Mieter ziehen bald ein.

So entschlossen Koines Blick ist, so einnehmend ist dann die Stimme, sie erinnert ein wenig an den weichen Klang Reiner Calmunds, mit dem sich Koine die rheinländische Herkunft teilt. Die Praxis ist eine Etage höher. Seit kurzem hypnotisiert Koine hier Patienten, die meisten von ihnen wollen weniger essen oder mit dem Rauchen aufhören.

Mit Hypnose oder alternativen Heilmethoden hatte Koine nie viel zu tun, er war eigentlich schon immer hundertprozentiger Feuerwehrmann. In seiner Heimat Leverkusen fing er mit 13 Jahren bei der örtlichen Jugendfeuerwehr an.

Nach dem Hauptschulabschluss war für ihn klar, was kommt. Einen ordentlichen Beruf lernen. Er wurde Feuerwehrbeamter, wechselte später in die Nachbarstadt Köln.

Als Rettungsassistent gab es nichts, dem Koine entgehen konnte: Die Horrorunfälle, viel Blut, viel Schmerz, "teilweise ganz schön hart", wie er selbst es ein wenig verharmlosend ausdrückt. 1993 kam Koine nach Riesa, er hatte eine Frau kennen gelernt. Bei der Dresdner Feuerwehr fand er eine neue Stelle.

Alles lief gut, bis zum Sommer 2006, als Koine auf dem Weg zur Arbeit von seinem Motorrad geschleudert wurde, "ein Auto gab mir volle Breitseite". Nur wenige Zentimeter fehlten, und Koine wäre tot gewesen, dass nur sein linkes Bein zertrümmert wurde, war Glück.

Sein altes Leben war trotzdem vorbei. Zwei Jahre brauchte Koine, bis er wieder richtig laufen konnte, seitdem ist er Frühpensionär. Das Wort mag der Mann gar nicht. "Ich muss irgendwas machen, das war schon immer so", sagt er. "Egal was."

Dass der Riesaer bei seiner Recherche nach einer neuen Tätigkeit 2008 schließlich auf die Hypnose kam und wenig später die Ausbildung begann, klingt für Außenstehende vielleicht abwegig, für ihn selbst ganz und gar nicht.

Für Medizin, besonders die Psychologie, hatte er sich schon immer interessiert, deshalb schlug er einst die Sanitätsrichtung bei der Feuerwehr ein. "Ich war in so vielen Häusern und habe alle Charaktere erlebt", sagt er. "Und irgendwann merkst du, dass die Oberfläche immer was anderes zeigt, als das, was dahinter steckt."

Bei den eigenen Kollegen merkte er es ganz besonders, das sind die besonders harten Fälle. Aus eigener Erfahrung weiß er nur zu gut, was ein Feuerwehrleben anrichten kann. "Man wird irgendwann zynisch", sagt er. Psychologische Beratung bräuchte wohl fast jeder.

Koines Praxis ist bescheiden eingerichtet. Auf wenigen Quadratmetern stehen hier ein Tisch, ein paar Stühle, ein Sessel. Ein Pendel hat Koine auch im Haus, könnte damit auch hypnotisieren, tut es aber selten. "Das wird nicht mehr so gemacht."

Seine Technik ist eine andere. Koine redet auf den Patienten ein, der schließt ein paar Mal die Augen, auf, zu, auf, zu, auf, zu. Koine schaltet einzelne Gehirnareale aus und bringt die Botschaft in den Kopf.

Zum Beispiel die, dass beim Drang nach Nikotin das nächste Mal nicht in die Schachtel gegriffen wird, sondern das Fenster geöffnet wird, der frischen Luft wegen. Oder dass der Patient Glück verspürt, wenn er am Bäcker vorbei geht, anstatt geradewegs rein. Auch mangelndes Selbstbewusstsein bekämpfen und Motivation aufbauen stehen in seinem Programm.

Koine könnte Patienten auch zum Bellen oder zur Vorführung seltsamer Kunststücke bringen, so wie es der Laie aus dem Fernsehen oder Hypnoseshows kennt. Das sagt er zumindest. "Viele denken, ich schläfre sie ein und wenn sie raus gehen, sind sie andere Menschen. Das macht ihnen natürlich Angst."

Koine beruhigt, erklärt, dass der Patient durchaus bei Bewusstsein bleibe. "So als ob er neben sich steht und sich selbst beobachtet. Es ist eine Therapie, kein Hokuspokus."

Bald macht Koine die Prüfung zum Heilpraktiker, derzeit büffelt er dafür noch jeden Tag zwei Stunden. Er darf dann auch sogenannte medizinische Hypnosen machen.

Auch Patienten mit posttraumatische Belastungsstörungen könnte Koine dann behandeln, wie er sagt. Er hofft, "dass ich damit meinen alten Kollegen helfen kann". Er ist halt doch ein Feuerwehrmann geblieben.

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