Umfragen zur Sterbehilfe

72 Prozent der Deutschen sind für legale Suizidassistenz

Die Bevölkerung lehnt aktive Sterbehilfe nicht kategorisch ab. Unter Ärzten und Pflegekräften gibt es auch Sterbehelfer. Ein Blick in aktuelle Umfragen.

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72 Prozent der Befragten geben einer neuen Umfrage zufolge an, eine Legalisierung der Sterbehilfe zu befürworten.

72 Prozent der Befragten geben einer neuen Umfrage zufolge an, eine Legalisierung der Sterbehilfe zu befürworten.

© Karl-Josef Hildenbrand/picture alliance/dpa

Berlin. Die Zustimmung in der Bevölkerung zur aktuell im Bundestag und beim 124. Deutschen Ärztetag diskutierten „aktiven Sterbehilfe“ ist gewachsen. 72 Prozent der vom Meinungsforschungsinstitut YouGoV für ein aktuelles Meinungsbild Befragten geben demnach an, eine Legalisierung zu befürworten.

Bereits vor zwei Jahren hatte YouGoV die Deutschen dazu befragt. Damals sagten 67 Prozent der Befragten ja zur aktiven Sterbehilfe. Gleichzeitig haben fast die Hälfte der Befragten (49 Prozent) die Aufhebung des Verbots der geschäftsmäßigen Beihilfe zur Selbsttötung befürwortet. 21 Prozent sprachen sich dagegen aus. Der Rest äußerte keine Meinung dazu.

Status aktuell ungeklärt

Derzeit ist der Status der aktiven Sterbehilfe nicht abschließend geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe als nicht mit dem Grundgesetz vereinbar gekippt. Der Bundestag hat seither keine neue Rechtslage geschaffen. Ob es in dieser Legislaturperiode noch reicht, aus den vorliegenden fraktionsoffenen Gesetzentwürfen ein neues Gesetz zu zimmern, gilt als fraglich.

An der YouGoV-Umfrage zwischen dem 28. und 30. April 2021 haben mehr als 2000 Menschen teilgenommen. 83 Prozent der befragten Deutschen unterstützten dabei die sogenannte „passive Sterbehilfe“ durch Unterlassen lebensverlängernder Maßnahmen bei infauster Prognose. 2019 standen immerhin noch ein Viertel der Befragten der Tatsache kritisch gegenüber, dass passive Sterbehilfe hierzulande legal ist.

Onkologen werden angesprochen

Eine aktuelle Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie unter 750 Mitgliedern hat ein gemischtes Bild ergeben. Etwa jeder zweite Onkologe ist demnach bereits auf Informationen zur assistierten Selbsttötung angesprochen worden. Jeder Dritte berichtet, bereits von Patienten um ein Rezept für tödlich wirkende Medikamente gebeten worden zu sein. 75 Prozent der Befragten sprachen sich gegen ein berufsrechtliches Verbot des ärztlich assistierten Suizids aus. Immerhin zehn Prozent bekannten, bereits bei einer Selbsttötung assistiert zu haben.

Ärzte als Sterbehelfer

Im November 2020 hatte die Universität Witten-Herdecke 5000 Ärzte und Pflegekräfte zu ihren Erfahrungen mit Sterbehilfe befragt. Die Ergebnisse gelten als brisant. 84 Ärzte (3,35 Prozent) und 65 Pflegekräfte (2,42 Prozent) berichteten davon, allein in den 24 Monaten vor der Befragung aktive Sterbehilfe geleistet zu haben. Das bedeutet, dass sie auch davor schon Menschen aktiv beim Sterben geholfen haben könnten. Im selben Zeitraum kannten 8,93 Prozent der Ärzte und 10,14 Prozent der Pflegekräfte Fälle aktiver Sterbehilfe durch andere. 11,04 Prozent der Ärzte und 4,17 Prozent der Pflegekräfte haben demnach während ihrer gesamten beruflichen Tätigkeit schon einmal aktive Sterbehilfe geleistet. (af)
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