Krankenkassen-Finanzen

Krankenkassen zur Jahresmitte mit rund 2,6 Milliarden Euro im Plus

Getrieben durch massiv gestiegene Zusatzbeiträge verzeichnen die beiden größten Kassenarten Überschüsse im ersten Halbjahr. Doch auch die Leistungsausgaben steigen weiter stark – der Ruf nach Ausgabendisziplin wird lauter.

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Die gesetzlichen Krankenkassen erzielen im ersten Halbjahr 2025 zwar Überschüsse, aber die Ausgaben steigen weiter kräftig.

Die gesetzlichen Krankenkassen erzielen im ersten Halbjahr 2025 zwar Überschüsse, aber die Ausgaben steigen weiter kräftig.

© Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa

Berlin. Die Krankenkassen haben im ersten Halbjahr einen Überschuss von rund 2,6 Milliarden Euro erzielt. Das haben Recherchen der Ärzte Zeitung ergeben. Daten für die Knappschaft lagen am Mittwoch noch nicht vor.

Die sechs Ersatzkassen verbuchen demnach ein Plus von 1,139 Milliarden Euro (erstes Quartal: 755 Millionen Euro), im AOK-System sind es 656 Millionen Euro (siehe nachfolgende Grafik). Im ersten Quartal waren es 460 Millionen Euro gewesen.

Die Betriebskrankenkassen melden schwarze Zahlen in Höhe von 472 Millionen Euro (erstes Quartal: 287 Millionen Euro), bei den Innungskrankenkassen beträgt der Einnahmenüberschuss 305 Millionen Euro (erstes Quartal: 191 Millionen Euro).

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Unisono warnten die Krankenkassenverbände davor, das Halbjahresergebnis als Entspannungssignal zu werten.

„Dieses Ergebnis darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Großteil der Überschüsse in das Wiederauffüllen der vom Gesetzgeber geschröpften Mindestrücklage fließt“, sagte ein Sprecher des AOK-Bundesverbands der Ärzte Zeitung. Das AOK-System hatte im Vorjahr rote Zahlen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro eingefahren.

Ausreichend Mehreinnahmen, noch

Momentan trage der Effekt der zum Jahresanfang teilweise massiv gestiegenen Zusatzbeiträge noch zum positiven Ergebnis, hieß es. Doch die Steigerung der Leistungsausgaben bleibe im ersten Halbjahr mit plus 7,7 Prozent je Versicherten auf hohem Niveau, die weitere Perspektive der Einnahmen hingegen sei ungewiss, hieß es.

Ähnlich sieht es bei den Ersatzkrankenkassen aus: Hier legten die Leistungsausgaben in den ersten sechs Monaten um 7,7 Prozent zu. „Besonders alarmierend“ falle die Steigerungsrate mit 10,2 Prozent im stationären Sektor aus – getrieben durch höhere Pflege- und Psychiatrieentgelte sowie den höheren Landesbasisfallwert.

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Die Ausgaben für Ärztehonorare wuchsen im ersten Halbjahr um 7,8 Prozent, weniger dynamisch fiel mit 4,6 Prozent die Entwicklung bei Arzneimitteln aus.

Die Ersatzkassen benötigen die Überschüsse, um ihre Rücklagen wieder aufzufüllen: Anfang des Jahres betrugen diese nur noch sechs Prozent einer Monatsausgabe, inzwischen sind es wieder 16 Prozent. Doch die Mindestvorgabe für Rücklagen – 20 Prozent einer Monatsausgabe – wird immer noch unterschritten.

Zweistellige Zuwachsraten bei Krankenhäusern

Bei den Innungskrankenkassen legen die Leistungsausgaben im ersten Halbjahr mit 10,9 Prozent zweistellig zu. Das gilt mehrheitlich auch für die großen Ausgabenposten: Der stationäre Sektor weist mit 13,4 Prozent je Versicherten den stärksten Anstieg auf, gefolgt von Arzneimittelausgaben mit 10,6 Prozent und Ärztehonoraren mit 9,4 Prozent je Versicherten.

Als „alarmierend“ bezeichnet der IKK e.V. auch die Entwicklung bei Leistungen wie Häuslicher Krankenpflege/Behandlungspflege (17 Prozent) und bei Fahrkosten (13,9 Prozent).

Das gleiche Bild – bei leicht variierenden Zahlen – ergibt sich bei den Betriebskrankenkassen: Krankenhausausgaben (10,4 Prozent je Versicherten) steigen zweistellig, die Wachstumsrate für Ärztehonorare (8,3 Prozent) und Arzneimittel (7,3 Prozent) fällt etwas geringer aus. Heraussticht hier der dynamische Anstieg der Ausgaben für Fahrtkosten (13 Prozent).

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Kassen mahnen Ausgabendisziplin an

Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des vdek, forderte die Bundesregierung auf, alle Leistungsbereiche zur Ausgabendisziplin zu verpflichten. „Richtschnur sollte sein, dass Ausgaben nicht schneller steigen als die Einnahmen.“ Auch votierte die Verbandschefin dafür, die Regelungen zur Selbstkostendeckung bei Krankenhäusern müssten zurückgeführt werden.

Für den BKK Dachverband forderte deren Vorständin Anne-Kathrin Klemm, der Überschuss von rund 472 Millionen Euro dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, „dass die Beitragszahler vor weiteren Belastungen stehen“. Angesichts der stark steigenden Ausgaben seien Beitragssatzerhöhungen für 2026 programmiert. „Die hilflosen Darlehen der Politik können diese Entwicklung nicht aufhalten. Jetzt sind schnelle und mutige Entscheidungen gefragt“, mahnte Klemm.

Der AOK-Bundesverband sprach sich für Reformen auf der Einnahmenseite aus – wie etwa die volle Refinanzierung der Bürgergeld-Pauschalen –, aber auch für „ausgabenbegrenzende Strukturreformen“.

Der Bundesrechnungshof hatte in einem am Montag bekannt gewordenen Bericht dem Bundesgesundheitsministerium schwere Versäumnisse bei der Konsolidierung der GKV-Finanzen vorgeworfen. (fst)

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