Ärztenetz stellt eigenen Heimarzt an

17 Ärzte sind nahezu parallel in sechs Pflegeheimen in Lingen tätig. Weil das wenig sinnvoll ist, haben Hausärzte eines niedersächsischen Ärztenetzes gemeinsam eine Lösung gesucht - und gefunden.

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Visite beim Heimbewohner: In Niedersachsen hat ein Ärztenetz die Aufgabe jetzt auf einen Arzt übertragen.

Visite beim Heimbewohner: In Niedersachsen hat ein Ärztenetz die Aufgabe jetzt auf einen Arzt übertragen.

© Klaro

LINGEN (cben). Die Kollegen des Ärzte-Netzes namens "Genial" im Niedersächsischen Lingen werden selber einen Heimarzt anstellen.

Möglich wurde das über einen Strukturvertrag zwischen KV Niedersachsen und allen niedersächsischen Krankenkassen. Start des Pilotprojektes über drei Jahre ist am 1. Januar 2012.

"Wenn das Modell bei uns läuft, dann läuft es überall", sagt der Gynäkologe und zweiter Vorsitzender des Netzes, Dr. Hans-Joachim Rosch, zur "Ärzte Zeitung".

KV musste erst überzeugt werden

Die Kollegen im ländlichen Nordwesten Niedersachsen hatten festgestellt, dass die 17 Hausärzte des Netzes viel in den sechs Pflegeheimen in Lingen unterwegs sind, was enorme Energie binde. "Dabei hat jeder Kollegen praktisch in jedem Heim Patienten, was oft umfangreiche Abstimmungen erfordert", so Rosch.

"Darum wollten wir einen einzigen Arzt einstellen, der sowohl zu den Heimen, als auch zu den Hausarztpraxen einen ständigen und guten Kontakt hat und die Patienten in den Heimen aus einer Hand versorgt."

Derzeit werde mit drei Heimen verhandelt. Das Netz habe bereits einen Internisten an der Hand, der die Aufgaben übernehmen könne, so Rosch. Die KV habe zunächst abgelehnt, sagt Rosch.

Strukturvertrag macht es möglich

"Als Netz haben wir keinen eigenen Betriebsstättennummer und eine einzelne Praxis kann den Kollegen nicht einstellen, weil dann alle Verordnungen über die Praxis liefen und dann sofort das Arzneimittelbudget sprengen würde", beschreibt Rosch das Problem. "Aber alle haben erkannt, dass wir da eine verdammt gute Idee hatten."

Schließlich haben KVN und die Kassen einen Strukturvertrag nach 73a SGB V ausgehandelt, der nur für drei Postleitzahlbezirke der Stadt Lingen gilt, erklärt KVN-Sprecher Detlef Haffke der "Ärzte Zeitung".

"Allerdings wären die Verhandlungen viel schwieriger geworden, wenn Lingen nicht zur Zukunftsregion Gesundheit Emsland gehören würde", sagt Haffke.

Abrechnung zwischen Heim- und Hausarzt

Niedersachsen hat drei solcher Regionen, in denen Projekte der medizinischen Versorgung besonders diskutiert und gefördert werden.

Der Vertrag erlaubt es KVN und Kassen, Verbünden aus Haus- und Fachärzten die Verantwortung für Qualität und Wirtschaftlichkeit sowie ärztlicher Leistungen oder Teile davon zu übertragen.

Ohne einen solchen Vertrag hätte eine Ärzte-Gemeinschaft nicht das Recht, einen Kollegen einzustellen, so Haffke. Der "Heimarzt" werde mit jedem Hausarzt dessen jeweiligen Heimpatienten abrechnen. Bezahlt wird der Kollege vom Netz.

AOK erhofft weniger Klinikeinweisungen

"Wir versprechen uns von dem Vertrag eine bessere Erreichbarkeit des Arztes für die Heimbewohner und einen bessere Versorgung", sagte Carsten Sievers, Sprecher der AOK Niedersachsen, "vielleicht werden so auch Klinikeinweisungen verringert".

Voraussetzung allerdings sei, dass der Vertrag "kostenneutral" laufen wird, so Sievers, "also nicht teurer, als die Patienten derzeit versorgt werden."

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Zeichen der Zeit erkannt

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