Ärztinnen finden: Männer werden schneller befördert

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Immer mehr Frauen studieren Medizin - doch wie empfinden sie später ihre Arbeitssituation? Eine Studie kommt zum Schluss: Die Zeit für Veränderungen ist reif.

Von Christiane Badenberg

NEU-ISENBURG. Der Frauenanteil in der Medizin ist hoch und steigt weiter. So lag bereits im Jahr 2007 nach Angaben der Bundesärztekammer der Anteil der deutschen Ärztinnen an den Erstmeldungen bei den Kammern bei 61,7 Prozent.

Trotzdem haben viele Ärztinnen bislang nicht das Gefühl, im Berufsalltag gleichberechtigt zu sein. Das zeigt die kürzlich veröffentlichte Untersuchung "Ich bin Ärztin", eine Studie zur Arbeitssituation und Zufriedenheit von Frauen in der Medizin.

In der von Dr. Astrid Bühren und Dr. Anke Tschörtner im Sommer vergangenen Jahres vorgenommenen Befragung gaben von 1191 teilnehmenden Ärztinnen 89,1 Prozent an, dass ihrer Meinung nach Männer in der Medizin schneller befördert werden als Frauen und dass die Leistung von Frauen anders beurteilt wird (78,7 Prozent).

Zwar gehen 69 Prozent der Befragten davon aus, dass die Aussichten auf Führungspositionen für Frauen in den kommenden Jahren besser werden, aber nur 57,7 Prozent glauben, dass das nur eine Frage der Zeit sei.

Streben Frauen nicht nach Führungspositionen?

Häufig wird noch vermutet, dass Frauen auch deshalb seltener Karriere machen als ihre männlichen Kolleginnen, weil sie gar nicht nach Führungspositionen streben (Studie der Helmut-Schmidt Universität).

Diese Vermutung wird je nach Lebensalter von den Ärztinnen unterschiedlich eingeschätzt. Signifikant häufiger als ihre älteren Kolleginnen lehnen Ärztinnen bis 39 Jahre die Aussage "Frauen wollen nicht in Führungspositionen sein" ab.

Ärztinnen in der Alterskategorie von 50 bis 59 Jahren sind dafür davon überzeugter, dass Ärztinnen die besseren Chefs sind beziehungsweise wären und dass sie für den Konkurrenzkampf genau so geeignet sind wie ihre männlichen Kollegen.

Immerhin fast 30 Prozent der Befragten sehen ihr berufliches Fortkommen durch geschlechtsspezifische oder gesellschaftliche Hemmnisse beeinträchtigt. Dabei fällt allerdings auf, dass hier mit 34,3 Prozent zu 23,8 Prozent der Anteil der Mütter deutlich höher ist.

Diese Ergebnisse werden nach Angaben der Studienautorinnen auch von einer Erhebung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe untermauert, bei der fast 90 Prozent der weiblichen und 72 Prozent der männlichen Frauenärzte angegeben haben, dass ihrer Auffassung nach Kinder und Karriere schlecht zu vereinbaren seien.

Fast 80 Prozent wollen wieder Medizin studieren

Die Befragung zeigt auch, dass Ärztinnen mit Kindern Frauen weniger Chancen auf eine Führungsposition einräumen und diese für den beruflichen Konkurrenzkampf weniger geeignet halten als Männer.

Als besonders positiv empfinden es die Studienautorinnen Bühren und Tschörtner, dass nur 7,5 Prozent der Ärztinnen angaben, wegen eigener fehlender Fachkompetenz in ihrer beruflichen Entwicklung eingeschränkt zu sein.

"Dies ist angesichts der oft geäußerten Vermutung, Frauen in der Medizin würden sich zu wenig zutrauen, ein positives Ergebnis", so die Autorinnen.

Bei der Beurteilung der eigenen beruflichen Rolle sind niedergelassene Ärztinnen mit ihrem Berufsleben häufig zufriedener als Klinikärztinnen.

"Niedergelassene Ärztinnen sehen die eigene berufliche Zukunft positiver, sehen sich selbst häufiger als erfolgreiche und gute Ärztin und schöpfen häufiger Zufriedenheit aus ihrem beruflichen Erfolg", schreiben Bühren und Tschörtner.

Eines hat die Befragung aber auch gezeigt: Bei allen Missständen, die vor allem junge Ärztinnen an ihrer Arbeitssituation beklagen, würden fast 80 Prozent "bei einer erneuten Wahl wieder Ärztin werden wollen".

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