Arbeiten macht krank - und gesund

Immer mehr Arbeitnehmer erkranken an psychischen Störungen, doch viele Unternehmen haben keine Präventionsstrategie. Arbeiten kann aber auch bei der Genesung helfen.

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Ein Mann bei der Arbeit: Das Zusammenspiel von Arbeitsbelastungsfaktoren und individueller Stressbewältigung spielt bei der Entstehung von psychischen Störungen eine wichtige Rolle.

Ein Mann bei der Arbeit: Das Zusammenspiel von Arbeitsbelastungsfaktoren und individueller Stressbewältigung spielt bei der Entstehung von psychischen Störungen eine wichtige Rolle.

© ZouZou / shutterstock.com

BERLIN (wul). In Deutschland fehlen Präventionsstrategien, mit denen die psychische Gesundheit der Menschen gefördert werden.

"Wir sollten möglichst im Kindesalter mit Präventionsmaßnahmen anfangen, um Kinder stark zu machen", sagte Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK, kürzlich bei der Tagung "Zukunft Prävention - Herausforderung Seelische Gesundheit" in Berlin.

Psychische Erkrankungen kosten knapp 30 Milliarden Euro jährlich

Psychische Erkrankungen gelten als eine der zentralen Herausforderungen des Gesundheitswesens. "Der Anteil psychischer Störungen am Krankenstand von Arbeitnehmern liegt bei 16,5 Prozent", sagte Schlenker. Das kommt Unternehmen und die Volkswirtschaft insgesamt teuer zu stehen.

Allein die Behandlung von Patienten mit diagnostizierten psychischen Störungen kosten nach Angaben des Statistischen Bundesamts jährlich 28,7 Milliarden Euro.

Daher wächst die Bedeutung eines qualifizierten betrieblichen Gesundheitsmanagements, das auch die psychische Gesundheit der Beschäftigten berücksichtigt. "Arbeitsbedingungen und -organisation haben Auswirkungen auf die Gesundheit - positive wie negative", sagte Katarina Stengler von der Universität Leipzig.

Vielfältige Ursachen für psychische Erkrankungen

Ursachen und Bedingungen für die Entstehung psychischer Störungen sind laut Stengler vielfältig.

Wichtig sei dabei, wie die spezifischen Belastungsfaktoren in der Arbeitswelt und die individuellen Bewältigungsstrategien zusammenwirken.

Die Wissenschaftlerin gab zu bedenken, dass für Menschen mit psychischen Störungen die (Weiter-) Beschäftigung im Beruf ein wesentlicher Bestandteil des therapeutischen und persönlichen Genesungsprozesses sein kann.

"Dadurch wird nicht nur eine soziale Sicherung gewährleistet, sondern auch das Selbstvertrauen und die persönliche Wertschätzung gefördert", sagte sie.

Defizite in der Versorgung Depressiver schnell beseitigen

Bei der Suche nach Gründen für eine psychische Erkrankung besteht nach Ansicht von Professor Ulrich Hegerl oft die Tendenz, psychosoziale und andere äußere Faktoren im Vergleich zu körperlichen Faktoren überzubewerten.

"Es ist noch unklar, ob beispielsweise eine Primärprävention depressiver Erkrankungen möglich ist. Dagegen sind die Wirkungen einer rückfallverhütenden Medikation und psychotherapeutischer Interventionen gut belegt", sagte der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Uniklinikum Leipzig.

Hegerl forderte, die diagnostischen und therapeutischen Defizite in der Versorgung depressiver Patienten müssten schnell beseitigt werden.

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