BKK fordert von Ärzten positive Darstellung

Ein Vertrag der BKK Mobil Oil sorgt für Diskussionen unter Ärzten. Wer teilnehmen will, muss sich "positiv" zur Kasse äußern. Die Kammer sieht den Passus kritisch.

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" Negative Äußerungen sind zu unterlassen und mit diesem Vertrag nicht vereinbar" , so die Vertragsausschreibung

" Negative Äußerungen sind zu unterlassen und mit diesem Vertrag nicht vereinbar" , so die Vertragsausschreibung

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BREMEN/HAMBURG (cben). Die BKK Mobil Oil verpflichtet Fachärzte, die Leistungen nach dem BKK-"Tarif PrivatPlus" abrechnen wollen, dazu, die Kasse ins rechte Licht zu rücken. "Die BKK Mobil Oil stellt den Arztpraxen dafür Informationsmaterial zur Verfügung.

Es ist zugänglich zu machen oder auszulegen", heißt es in der Vertragsausschreibung. Außerdem dürfen Ärzte vor Patienten nichts Negatives über die Kasse äußern. "Gegenüber den Versicherten der BKK Mobil Oil und anderen Patienten wird die BKK Mobil Oil positiv dargestellt.

Negative Äußerungen sind zu unterlassen und mit diesem Vertrag nicht vereinbar", so die Vertragsausschreibung. Im Vertrag erklären teilnehmende Ärzte, "die in der Ausschreibung aufgeführten Bedingen zum Vertrag (…) für und gegen mich gelten zu lassen."

Das Vertragskonzept funktioniert per Gutschein. Die Kasse gibt Behandlungsgutscheine an ihre Versicherten ab, die sie im Laufe von drei Jahren bei ihrem Facharzt einlösen können. Der Kollege erhält sein Honorar von 50 Euro pro Behandlung gegen Vorlage der Gutscheine bei der BKK Mobil Oil.

Die Vereinbarung bietet die Kasse derzeit insgesamt sechs Facharztgruppen an. Die teilnehmenden Orthopäden, Augenärzte, Frauenärzte, Urologen, HNO-Ärzte und Dermatologen erhalten pro "Tarif PrivatPlus"-Patient und Behandlung 50 Euro von der BKK Mobil Oil. Bisher nehmen rund 3000 Ärzte teil, hieß es. Die Verträge umfassen fachgruppenspezifische Leistungen, bei Pädiatern beispielsweise erweiterte Früherkennungsuntersuchungen.

Für Karsten Scholz, Justiziar bei der Ärzte Kammer Niedersachsen, werden Ärzte durch den Passus "zum Rechtsbruch aufgefordert", denn berufswidrige Werbung ist in der Berufsordnung verboten." In Paragraf 27, Absatz 3, Satz 1 heißt es: "Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt. Berufswidrig ist insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung. Ärztinnen und Ärzte dürfen eine solche Werbung durch andere weder veranlassen noch dulden."

Auf Anfrage der "Ärzte Zeitung" erklärte die BKK Mobil Oil, für Werbung durch Ärzte für den Wahltarif zahle die Kasse "keinen Cent". Es werde "laut Vertrag ausschließlich eine sachgerechte, berufsbezogene Information und nicht etwa Werbung geschuldet".

Die positive Darstellung der Kasse durch den Arzt sei nur "eine allgemeine Treuepflicht, nach der keine dem Vertrag zuwiderlaufenden Äußerungen über den Vertragspartner erfolgen dürfen". Das Angebot ziele "nicht auf Mitgliederwerbung", so Christian Dierks von der BKK Mobil Oil. Die Kasse wolle "die Versorgung und den Service verbessern. Die Versicherten müssen nicht extra bezahlen für die Gutscheine."

Die Gynäkologin Dr. Marita Hütig aus dem Niedersächsischen Wunstorf, die von der BKK mobil Oil angesprochen wurde, sieht das anders. "Die Kasse will gezielt neue Mitglieder werben und wir sollen dafür herhalten", sagte sie, "ich habe nicht unterschrieben!"

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Spielregeln für die neue Vertragswelt

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