Bayern: Hausarzt-Nachfolger dringend gesucht

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Ärztemangel in Blau-Weiss: In Bayern haben immer mehr Ärzte ein Problem, Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Der Trend steigt und lässt auch für Fachärzte nichts gutes ahnen.

MÜNCHEN (sto). Die Zahl der Praxen, für die es keinen Nachfolger mehr gibt, ist in Bayern kontinuierlich gestiegen. Immer mehr Gemeinden in Bayern suchen nach Angaben von Dr. Wolfgang Krombholz, Vorsitzender der KV Bayerns (KVB), nach einem Hausarzt.

2009 wurden in Bayern 51 Praxen geschlossen, berichtete Krombholz beim Bayerischen Gesundheits-Forum in München. 2011 fand sich bereits für 123 Praxen kein Nachfolger mehr.

Diese Entwicklung werde sich fortsetzen, prognostizierte Krombholz. Ein Drittel der Hausärzte werde in den nächsten Jahren ausscheiden, Nachwuchs sei nicht in Sicht.

Seit Jahren würden deutlich mehr Facharztprüfungen als allgemeinmedizinische Facharztprüfungen abgelegt.

Um den Status quo zu halten, müssten bundesweit jährlich etwa 2500 bis 3000 Allgemeinärzte ihre Facharztprüfung ablegen, es seien jedoch nur etwa 1000, so Krombholz.

Zu wenig "typische Hausärzte"

Vor diesem Hintergrund werde es immer mehr Landkreise in Bayern geben, in denen das hausärztliche Versorgungsniveau künftig auf unter 80 Prozent sinken wird, so Krombholz.

Eine ähnliche Entwicklung sei mit einer Zeitverzögerung auch bei den Fachärzten zu erwarten. Zur Gegensteuerung sei eine regionale Bedarfsplanung nötig, die sich an den Bedürfnissen der Patienten orientiere.

Dabei reiche es nicht, nur darauf zu achten, was auf dem Praxisschild steht. Entscheidend sei, was die Praxis tatsächlich in der Patientenversorgung leistet.

Gemessen an diesen Kriterien gebe es sogar in München bereits einen Hausarztmangel. Nach einer Untersuchung der KVB seien in einzelnen Stadtteilen viel zu wenig Hausärzte tatsächlich als typische Hausärzte tätig.

In diesen Bezirken liege der hausärztliche Versorgungsgrad schon jetzt unter 80 Prozent.

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Dr. Thomas Georg Schätzler 15.05.201213:34 Uhr

Ansichten einer hausarztzentrierten Medizin

Jetzt rächt sich nicht nur in Bayern bitter, dass das Fachgebiet "Hausärztliche Allgemeinmedizin" in Forschung und Lehre allenfalls curricular abgehandelt wird und lediglich in 19 von 36 Medizinischen Fakultäten mit eigenständigen Abteilungen professionell verankert ist.

Der zu Grunde liegende Gegensatz zwischen universitärer bzw. klinischer Hochleistungs- und Intensivmedizin und der "Feld-, Wald- und Wiesenmedizin" hausärztlicher Provenienz führt ohne entsprechende therapeutische Maßnahmen zu immer mehr Verständnislosigkeit, Ignoranz, Arroganz und Konfliktpotential. Die Widersprüche zwischen Herz-Lungen-Transplantationen (HLTX), interventioneller Kardiologie, Onkologie, Nephrologie, Neurochirurgie usw. und eines mit Echinacin, ACC oder Umcka loabo vorbehandelten Fließschnupfens mit Bronchialkatarrh und Begleitsymptomen in der allgemeinmedizinischen Praxis eines sozialen Brennpunktes oder einer Landgemeinde könnten größer nicht sein.

Die Missachtung der hausärztlich-internistischen Allgemeinmedizin, die 80 bis 85 Prozent aller Beratungsanlässe löst und zugleich sinnvolle Lotsenfunktion bzw. Nadelöhr für ambulante/klinische fach- und spezialärztliche Weiterbehandlung darstellt, ist eine Vergeudung ressourcenschonender, ökologisch wie ökonomisch vernünftig umgesetzter Stufendiagnostik und -therapie. Denn in der biografischen Lebenswirklichkeit unserer Patientinnen und Patienten bzw. im ärztlichen Behandlungsalltag zwischen lapidaren Befindlichkeitsstörung und hochdramatischen Krankheiten sind die spezialärztlichen Behandlungen und klinischen Krankenhausbehandlungen grundsätzlich Ausnahmesituationen. Die lebenslange, generationenübergreifende, bio-psycho-soziale Begleitung ist das klassische Metier der hausärztlichen Profession.

Damit es wieder Verständigung, Kommunikation, Austausch, Kritik und Selbstkritik zwischen der Humanmedizin in der Fläche u n d in der Spitze geben kann, müssen a l l e medizinischen Fakultäten hausarztbezogenes Wissen in Forschung, Klinik und Praxis lehren, vermitteln und repräsentieren. Nur dann kann die wohnort- und gemeindenahe Allgemeinmedizin/Innere Medizin der Hausärztinnen und Hausärzte in Ballungszentren bzw. Flächenstaaten wie Bayern reüssieren.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund


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