Studie zur Primärprävention

Bilder motivieren mehr als Worte

Zeige mir meine Atherosklerose – und ich fange an, gesünder zu leben: Diese Strategie zur Primärprävention zeigt nach den Ergebnissen einer schwedischen Studie Erfolg.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Zeigen, erklären: Ultraschall-Bilder beeindrucken Patienten oft mehr als nur Worte.

Zeigen, erklären: Ultraschall-Bilder beeindrucken Patienten oft mehr als nur Worte.

© Alexander Raths / Fotolia

UMEå. In der Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen wird Patienten üblicherweise ihr Risiko über die gängigen Risikoschätzer wie dem SCORE-System deutlich gemacht. Doch diese auf Wahrscheinlichkeiten basierende Schätzung scheint die Patienten häufig nur wenig zu überzeugen, sich an den ärztlichen Rat zu halten.

Helfen könnte es, wenn sie das Ausmaß ihrer bisher klinisch unauffälligen Atherosklerose plastisch vor Augen geführt bekommen. In einer randomisierten Studie hatte das Aufzeigen und Erklären von im Ultraschall zu sehenden Karotis-Plaques und der Intima-Dicke bei den Patienten offensichtlich einen Motivationsschub ausgelöst, ihr Risikofaktoren-Profil zu verbessern (Lancet 2018; online 3. Dezember).

Biologisches Alter ermittelt

An der Studie VIPVIZA nahmen 3532 Patienten teil. In der Interventionsgruppe wurden den Probanden Ultraschallbilder ihrer Karotis gezeigt, das Ausmaß der Atherosklerose wurde ihnen in Form einer Verkehrsampel anschaulich gemacht (rot= Plaques; grün =keine Plaques). Des Weiteren erfuhren sie ihr biologisches Alter und wie sich dieses im Vergleich zum chronologischen Alter verhält. Nach zwei bis vier Wochen erhielten die Teilnehmer einen Anruf von einer geschulten Krankenschwester, die gegebenenfalls zusätzliche Informationen lieferte.

Die Kontrollgruppe nahm wie die Interventionsgruppe an einem Interventions-Programm teil, das unter anderem aus Aufklärungsgesprächen und pharmakologischen Präventionsmaßnahmen bestand. Ultraschallbilder bekam die Kontrollgruppe aber nicht zu Gesicht.

Die plastische Darstellung der Atherosklerose hat offenbar den Ausschlag gegeben, warum sich der Framingham Risk-Score (FRS) von den Probanden der Interventionsgruppe nach einem Jahr von 12,9 auf 12,24 Punkte verbessert hat (obwohl das Alter ja um ein Jahr gestiegen war) – im Vergleich zur Kontrollgruppe, in der der Punktwert im gleichen Zeitraum von 12,9 auf 13,31 gestiegen war: Ein immerhin signifikanter Unterschied, auch wenn er gering erscheint (–0,58 vs. +0,35, relative Veränderung –5% vs. + 3 Prozent).

Bezüglich des SCORE-Systems war zwar in beiden Gruppen eine Verschlechterung zu verzeichnen (von 1,29 auf 1,42 und von 1,27 auf 1,58 Punkte), diese fiel in der Interventionsgruppe aber geringer aus als in der Kontrollgruppe (+0,13 vs. +0,27).

LDL-Spiegel zurückgegangen

Die LDL-Spiegel sind in beiden Gruppen zurückgegangen, in der Interventionsgruppe aber deutlicher, vermutlich deshalb, weil in dieser Gruppe nach einem Jahr deutlich mehr lipidsenkende Arzneien eingenommen und auch verschrieben worden sind als zu Studienbeginn.

Die plastische Darstellung der Atherosklerose hat also wohl nicht nur bei den Patienten ein Umdenken bewirkt, sondern auch bei den Ärzten. Tendenziell haben sich auch die Blutdruck-Werte und das Körpergewicht der Patienten eher in eine positive Richtung entwickelt, wenn sie ihre Ultraschallbilder zu Gesicht bekamen.

 Diese Unterschiede waren aber nicht signifikant. Der Gesamteffekt erscheine zwar nur moderat, kommentieren die Autoren um Professor Ulf Näslund von der Universität in Umeå das Ergebnis. Aber im Gegensatz zu neuen pharmakologischen oder chirurgischen Interventionen sei der Aufwand einer solchen Intervention gering.

Womöglich seien die gängigen Risiko-Scores zu abstrakt und könnten die Patienten deshalb nur wenig überzeugen, ihre Medikamente regelmäßig einzunehmen und ihren Lebensstil zu ändern, so die schwedischen Ärzte.

Aufklärung wirkt

Die Autoren glauben, mit dieser Art von Aufklärung tatsächlich die Erkrankungslast in der Gesamtbevölkerung senken zu können. So wiesen in der VIPVIZA-Studie die meisten Patienten ein niedriges bis moderates Risiko auf und befanden sich in einem frühen Stadium der Atherosklerose.

Dies entspricht nach Angaben der Studienautoren der Risikogruppe, die von 60 bis 70 Prozent der in der Bevölkerung auftretenden kardiovaskulären Erkrankungen betroffen ist. In den bisherigen randomisierten Präventionsstudien sei diese Gruppe aber unterrepräsentiert.

Mehr Informationen zur Kardiologie unter www.springermedizin.de

Die VIPVIZA-Studie in Kürze

  • An der Studie nahmen 3532 Patienten teil. Die meisten hatten ein niedriges bis moderates kardiovaskuläres Risiko.
  • In der Interventionsgruppe wurden den Teilnehmern Ultraschallbilder ihrer Karotis gezeigt und das Ausmaß der Atherosklerose veranschaulicht.
  • Die Kontrollgruppe nahm wie die Interventionsgruppe an einem InterventionsProgramm teil, das unter anderem aus Aufklärungsgesprächen und pharmakologischen Präventionsmaßnahmen bestand.
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