Tod im Polizeigewahrsam

Brechmittelskandal – Bremer Senat weist Verantwortung zurück

Jahre, nachdem ein Verdächtiger an zwangsweise verabreichtem Brechmittel starb, räumt der Bremer Senat immerhin falsches Verhalten ein.

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BREMEN. Nach 13 Jahren äußert der Bremer Senat sein Bedauern über den Tod des Afrikaners Laya Condé, weist aber eine rechtliche Verantwortung von sich. Der Mann aus Sierra Leone starb 2005 im Bremer Polizeigewahrsam, nachdem er zwangsweise ein Brechmittel verabreicht bekommen hatte. Die Prozedur sollte dazu führen, Drogenpakete zu erbrechen.

Der Tod des Mannes hatte deutschlandweit Kritik und Diskussionen hervorgerufen und zum Verbot des zwangsweisen Brechmitteleinsatzes geführt.

Jetzt hat der Bremer Senat eine Große Anfrage der Grünen-Fraktion dazu beantwortet. Zwar bedauert der Senat, "dass es nicht bereits vor dem tragischen Todesfall von Herrn Condé zu einer Anwendung alternativer Verfahren kam."

Trotz "rückblickend falscher und ethisch kritisch zu bewertender Entscheidungen", treffe den Senat keine rechtliche Verantwortung. Es habe sich "um ein rechtlich zulässiges, wenn auch durchgängig kontrovers diskutiertes und kritisiertes Verfahren" gehandelt, so der Senat in seiner Antwort.

Unter Zwang eingeflößt

Am Jahresende 2004 nahm die Bremer Polizei den Kleindealer Laya Alama Condé in Gewahrsam. Er habe Kokain-Kügelchen geschluckt, so der Verdacht. Um die Drogen sicherzustellen, verabreichte der Arzt Igor V. vom ärztlichen Beweissicherungsdienst dem gefesselten Afrikaner unter Zwang das Brechmittel "Ipecacuanha" und Wasser.

Condé erbrach ein halbes Gramm Kokaingemisch, fiel im Laufe der Prozedur ins Koma und starb Anfang 2005.

Erst 2014 endete das Strafverfahren gegen den Mitarbeiter des Beweissicherungsdienstes Bremens. Zwei Mal hatte der Arzt bereits vor Gericht gestanden, beide Male wurde er freigesprochen. Aber der Bundesgerichtshof äußerte harsche Kritik an den beiden Verfahren und kassierte beide Freisprüche. Das Landgericht Bremen schließlich stellte das dritte Verfahren gegen die Zahlung von 20.000 Euro an die Mutter des Toten ein.

So konnte das Gericht weder die Schuld noch die Unschuld des Arztes feststellen, auch nicht die Tatbeteiligung Dritter, wie die Grünen in ihrer Anfrage betonten. "Aus Respekt vor der von Verfassung wegen unabhängigen dritten Gewalt enthält sich der Senat der Bewertung gerichtlicher Entscheidungen", kommentiert der Senat die Entscheidung in seiner Antwort auf die große Anfrage.

Der Polizeiarzt selber erkrankte und wurde – offenbar unter der Last der Prozesse – verhandlungsunfähig.

"Hat zu unterbleiben"

Der Europäische Gerichtshof bezeichnete zwangsweisen Brechmitteleinsatz im Sommer 2016 als unrechtmäßige staatliche Gewalt. Die Strafverfolgungsbehörden im Land Bremen haben diese Praxis bereits am 5. Januar 2005 beendet, so der Senat. Justiz- und Innensenator erklärten gemeinsam: "Eine zwangsweise Verabreichung eines Brech- oder Abführmittels hat zu unterbleiben." (cben)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Zwischen Recht und Ethik

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