Strafverschärfung

Buschmann will mit KBV über besseren Schutz von Praxen vor Gewalt sprechen

Der Appell von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen bleibt nicht ungehört: Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat erklärt, dass er mit Gassen besprechen wolle, ob Gewalt in Praxen härter bestraft wird.

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Geht auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung zu: Justizminister Marco Buschmann (FDP).

Geht auf die Kassenärztliche Bundesvereinigung zu: Justizminister Marco Buschmann (FDP).

© Britta Pedersen/dpa/picture alliance

Berlin. Ärzte beobachten immer mehr Gewalt in Arztpraxen. „Insgesamt ist eine Verrohung im Umgang mit medizinischem Personal zu verzeichnen“, heißt es von der Bundesärztekammer (BÄK).

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, spricht in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ von verbaler und physischer Gewalt: „Offene Aggression und ein extrem forderndes Verhalten haben deutlich zugenommen“. Die raue Situation trage „zweifellos“ zum Fachkräftemangel in den Praxen bei, kommentierte der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Wie angespannt ist die Lage?

Bundesweite Zahlen zu der Problematik gebe es nicht, hieß es auf dpa-Anfrage von der BÄK. Zuletzt hatte die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) im Mai eine Umfrage unter ihren Mitgliedern zu deren Erfahrungen mit Gewalt im ärztlichen Alltag veröffentlicht. Innerhalb nur weniger Tage meldeten sich demnach 4.513 Ärztinnen und Ärzte - rund zehn Prozent der Kammermitglieder - zurück.

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Gassen: Manche Patienten machen Radau

Mehr als die Hälfte (2.917) davon hätten auf die Frage: „Haben Sie in der Vergangenheit in ihrem ärztlichen Alltag Gewalt erfahren müssen?“ mit „Ja“ geantwortet. 1.339 Fälle seien dabei allein in Arztpraxen gemeldet worden.

Der Präsident der ÄKWL, Dr. Hans-Albert Gehle, sprach von einer spürbaren und dauerhaften Zunahme von Gewaltereignissen und massiver Belastung der Betroffenen.

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„Dass sich Patienten nicht benehmen können und eine schräge Einschätzung der eigenen Behandlungsdringlichkeit haben, ist ein Nationen-übergreifendes Phänomen. Was sich allerdings auch häuft: Da ist einer krank, und sechs Leute kommen als Begleitung mit in die Praxis oder die Notaufnahme und machen Radau. Das ist bemerkenswert und extrem unangenehm“, sagte Gassen der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Gassen forderte deutliche Strafen: „Es braucht in solchen Fällen deutliche und schnelle Strafen. Sonst kommt die Botschaft bei einigen Menschen nicht an.“

Buschmanns Plan bezieht Praxen bisher nicht ein

Justizminister Marco Buschmann (FDP) will mit einer leichten Verschärfung des Strafrechts unter anderem Rettungskräfte besser vor Anfeindungen und Gewalt schützen. Die – noch nicht beschlossene – Anpassung müsse auf die Arztpraxen ausgeweitet werden, forderte Gassen.

„Ob wir solche besonderen Situationen vergleichbar auch in den Arztpraxen haben und somit ein vergleichbares Rechtsgut betroffen ist, würde ich gerne mit Herrn Gassen persönlich besprechen“, kommentierte Buschmann im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Niedergelassene Ärzte und ihre Mitarbeiter seien unverzichtbar für den sozialen Rechtsstaat. „Selbstverständlich müssen niedergelassene Ärzte sich nicht alles bieten lassen: Wer in eine Arztpraxis geht, dort Menschen bedroht, beleidigt, sie mit Gewalt angeht oder das Hausrecht verletzt, macht sich schon heute strafbar“, so Buschmann.

Lauterbach: „Uns droht so schon ein massiver Arztmangel“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich in einem Post auf der Plattform X für eine stärkere Bestrafung bei Gewalt oder Gewaltandrohungen gegen Ärzte und Ärztinnen sowie Pflegekräfte aus.

„Uns droht so schon ein ganz massiver Arztmangel, Praxen können nicht wieder besetzt werden“, schrieb er. Mit dem Justizminister arbeite er an dem Gesetz zur Strafverschärfung. (dpa)

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