COVID-19-Impfverordnung

Corona: Niedergelassene Ärzte genießen „nur“ hohe Impf-Priorität

Wann ist für wen „Stichtag“ bei der Corona-Impfung? Die umstrittene Corona-Impfverordnung steht und wird in Kürze in Kraft treten. Dass nicht alle Ärzte höchste Priorität haben, stößt BÄK-Chef Reinhardt derweil sauer auf.

Von Anno Fricke Veröffentlicht:
Im ersten Quartal 2021 ständen nach aktuellem Stand elf bis 13 Millionen Impfdosen von BioNTech/Pfizer zur Verfügung, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin.

Im ersten Quartal 2021 ständen nach aktuellem Stand elf bis 13 Millionen Impfdosen von BioNTech/Pfizer zur Verfügung, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin.

© Kay Nietfeld/dpa

Berlin. Niedergelassene Ärzte sind in der Corona-Impfverordnung nicht in der höchsten Priorität eingestuft. Die Verordnung wird Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Laufe des Freitagnachmittag unterzeichnen. In Kraft tritt sie mit Erscheinen im Bundesanzeiger. Spahn kündigte an, dass die Verordnung wahrscheinlich im Verlauf des Januars fortgeschrieben werden müsse.

Am Freitagvormittag hatte der Präsident der Bundesärztekammer Dr. Klaus Reinhardt noch gewarnt. Dass niedergelassene Ärzte weiter unten eingestuft seien, sei riskant. Die Arztpraxen bildeten einen wichtigen Schutzwall für die ohnehin schon belasteten Kliniken, sagte Reinhardt der „Rheinischen Post“.

Spahn: „Beim Impfen geht es nicht um Wertschätzung.“

Gesundheitsminister Jens Spahn verteidigte die Einstufung am Freitag. Ärzte seien nach Risiken unterschiedlich eingeordnet. Mitarbeiter in Impfzentren, auf Intensivstationen und in der Notfallmedizin gehörten in die Gruppe, die zuerst geimpft werden soll. Bei den niedergelassenen Ärzten folge das Ministerium den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut. Das heiße, dass sie „erhöhte Priorität“ genießen.

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„Beim Impfen geht es nicht um Wertschätzung. Zuerst geht es um Gesundheitsschutz“, sagte Spahn. Jemand, der dement sei, könne sich nicht so gut schützen, wie jemand, der medizinisches Personal in einer Arztpraxis ist und der weiß, wie FFP2-Masken und weitere Schutzmechanismen funktionieren.

„Ich kann den Ärztinnen und Ärzten sagen: Wir wollen Sie schnellstmöglich auch impfen. Aber wir müssen priorisieren. Und ich glaube: Wenn eine Berufsgruppe dafür Verständnis hat, dann die Ärzte“, so der Minister.

Die Priorisierung erfolgt nun wie folgt:

Höchste Priorität: über 80 Jahre, pflegebedürftig oder in der Betreuung pflegebedürftiger Menschen tätig, hohes Expositionsrisiko auf Intensivstationen, im Rettungsdienst, in der SAPV, in den Impfzentren und bei aerosolgenerierenden Tätigkeiten.

Hohe Priorität: über 70 Jahre; Trisomie 21, Demenz, geistige Behinderung, organtransplantiert, eine enge Bezugsperson dieser Menschen, Schwangere und eine Bezugsperson; Betreuer von geistig Behinderten; Ärzte und und sonstiges Personal mit regelmäßigem unmittelbarem Patientenkontakt; Polizei, ÖGD.

Erhöhte Priorität: über 60 Jahre, Menschen, bei denen ein erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf bei COVID-19 besteht (Adipositas, Diabetes mellitus, Krebs, COPD oder Asthma bronchiale, chronische Nieren- oder Lebererkrankung, Schlaganfall, Rheuma und Autoimmunerkrankungen, Herzinsuffizienz, KHK, HIV).

Priorisierung der Priorisierung

Die Einordnung in die Gruppe mit höchster Priorität bedeutet nicht, sofort zum vorgesehenen Impfstart am 27. Dezember geimpft zu werden. Innerhalb der Gruppen muss zumindest zu Beginn ebenfalls priorisiert werden. Auch darauf machte der Minister aufmerksam.

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Im ersten Quartal 2021 ständen nach aktuellem Stand elf bis 13 Millionen Impfdosen von BioNTech/Pfizer zur Verfügung. Damit könnten wegen der erforderlichen Zweifachimpfung zwischen 5,5 und 6,5 Millionen Menschen geimpft werden.

Die Gegenrechnung zeigt das Problem auf: Derzeit werden rund 4,1 Millionen Menschen stationär und ambulant gepflegt. 650.000 Beschäftigte gibt es in der Langzeitpflege. Dazu kommen die nicht pflegebedürftigen Menschen über 80 Jahre sowie das hoch exponierte medizinische Personal.

Der Minister sagte am Freitag, es sei wahrscheinlich, dass im ersten Quartal 2021 auch die Impfprodukte von Astra Zeneca und Curevac von der EMA zugelassen werden würden. Zudem arbeite auch BioNTech/Pfizer daran, die Produktion „hochzuskalieren“. Zusätzliche Partner und Produktionsstätten würden gesucht. Unterdessen wird mit der Zulassung eines Impfstoffes des Herstellers Moderna möglicherweise schon in der ersten Januarwoche gerechnet.

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