Als Folge von Corona

DAK fürchtet Verzehnfachung bei Fußamputationen

Wegen Corona blieben im Frühjahr viele Diabetiker den Praxen fern. Kassen warnen vor Spätkomplikationen wie Fußamputationen.

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Berlin. Die in der ersten Corona-Welle im Frühjahr stark reduzierte Zahl an Arzt-Patienten-Kontakten und Diabetes-Schulungen könnte mittel- bis längerfristig zu einem Anstieg der Spätkomplikationen bei Diabetikern führen. Das würde auch hohe Folgekosten bedeuten. Darauf haben Thomas Bodmer vom Vorstand der DAK-Gesundheit und der Gesundheitsökonom Professor Jürgen Wasem beim Digitalsymposion „Diabetes 2030“ von Novo Nordisk hingewiesen.

Laut DAK-Gesundheit wurden im zweiten Quartal dieses Jahres 25 Prozent weniger Diabetes-Diagnosen gestellt, im dritten Quartal waren es sogar 40 Prozent weniger. Die Zahl der Schulungen sei zeitweilig um bis zu 53 Prozent rückläufig gewesen, so Dr. Gottlobe Fabisch vom Verband der Diabetes-Beraterinnen. Als Konsequenz seien mit einer Reihe von KVen Online-Schulungen ermöglicht worden. Dies allerdings nicht flächendeckend und auch nicht dauerhaft.

Drohende Kostendämpfung

Die Unterversorgung in der ersten Pandemiewelle wird laut DAK zu mehr Spätkomplikationen führen. Als Beispiel nannte Bodmer eine Verzehnfachung der Fußamputationen. Ein weiteres Risiko für die Qualität der Diabetesversorgung, so befürchten Wasem und die Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Professor Monika Kellerer, könnte die schon 2022 einsetzende Kostendämpfungspolitik als Reaktion auf die Pandemie sein. Kurzfristige Sparmaßnahmen stünden aber im Konflikt mit dem Ziel, durch Prävention, frühzeitige Diagnose und adäquate Behandlung langfristige Exzesskosten von Komplikationen zu vermeiden.

Hauptursache der rückläufigen Arzt-Patienten-Kontakte im Frühjahr und im Sommer sei die Furcht vor einer Ansteckung mit Corona gewesen, betonten Dr. Erhard Siegel, Chefarzt des St. Josefkrankenhauses in Heidelberg, und Professor Diethelm Tschöpe vom Diabeteszentrum Bad Oeynhausen.

Monitoring bei Hospitalisierung!

Tatsächlich erhöht sei das Ansteckungsrisiko bei schlecht eingestellten Diabetikern, bei denen zudem die Wahrscheinlichkeit für einen schweren, mit Komplikationen behafteten Verlauf einer COVID-19-Infektion größer sei. Daher sei es wichtig, Behandlungskontinuität zu sichern und bei einer Infektion, die eine Hospitalisierung notwendig mache, unbedingt auch Diabetes-relevante Parameter systematisch zu monitoren. Hier weise die intensivmedizinische S2-Leitlinie eine gravierende Lücke auf.

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Frühzeitig habe die DAK daraus Schlussfolgerungen gezogen und im Rahmen des Programms „Coronacare 2020“ Diabetiker kontaktiert, um bei ihnen Behandlungskontinuität sicherzustellen, hieß es. Keinesfalls sollten Diabetiker auf soziale Kontakte während der Pandemie verzichten. (HL)

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