Misshandlung

Datenlage ist unbefriedigend

Ein föderaler Flicken- teppich bei der Datenerfassung erschwert die Präventionsarbeit.

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BERLIN. In Deutschland fehlt ein umfassendes Datenerhebungssystem, um das tatsächliche Ausmaß von Misshandlungen und Vernachlässigungen verlässlich angeben zu können.

Dies sei nicht nur für die Statistiker ein Problem, sondern stelle auch ein großes Hindernis für präventive Ansätze und politische Interventionsmöglichkeiten dar, sagte Dr. Andreas Jud von der Hochschule in Luzern beim Kinder- und Jugend-Ärztetag in Berlin.

Erschwerend komme hinzu, dass die erhobenen Daten häufig nicht standardisiert und auch - über die verschiedenen Sektoren hinweg - nicht immer gut vergleichbar seien. Sicher könne man nur sagen, dass die Zahlen für sämtliche Misshandlungsformen psychischer, physischer und sexueller Art im zweistelligen Prozentbereich (zwischen zwölf und 16 Prozent) liegen. Fest stehe zudem, dass viele Kinder gleich mehreren Gewaltformen ausgesetzt und Mädchen besonders häufig vom sexuellen Missbrauch betroffen sind.

Auf der anderen Seite seien aber auch positive Trends erkennbar. So gehen bereits seit Längerem die strafrechtlichen Anzeigen beim sexuellen Missbrauch - bei allerdings ebenfalls schwacher Datenlage - zurück. Verifiziert wird dieser Trend durch gesicherte Daten aus den USA, wo sich ein Rückgang des sexuellen Missbrauchs an Kindern im Vergleich zu den früheren 90er Jahren um 64 Prozent eingestellt hat. Ähnliche drastische Rückgänge gibt es dort auch bei den körperlichen Misshandlungen (um 55 Prozent) sowie bei den Vernachlässigungen (13 Prozent).

Für Jud ist dieser Trend auch unter Kostengesichtspunkten von großer Bedeutung. Bei schätzungsweise 1,6 Millionen Gewaltdelikten an Kindern pro Jahr allein in Deutschland würden im Durchschnitt pro Fall 6700 Euro Kosten anfallen, was sich auf rund elf Milliarden Euro aufaddiere. Jud: "Jeder Bundesbürger muss dafür pro Jahr mit einer Summe von 135 Euro geradestehen." (ras)

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