Korruption

Der Druck auf die Ärzte wächst

Sollen niedergelassene Kollegen bei Korruption mit dem hart bestraft werden? Der Hartmannbund ist für solche Vorschläge offen - fordert dann aber gleiches Recht für alle. Der Druck aus Politik und Verbänden nimmt zu.

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Reinhardt: Kassen-Vorgehen ist absurd.

Reinhardt: Kassen-Vorgehen ist absurd.

© ÄK Westfalen-Lippe

DÜSSELDORF. Der Hartmannbund warnt in der Debatte über die Strafbarkeit von Bestechlichkeit niedergelassener Ärzte vor einem Generalverdacht. Gleichzeitig zeigt sich der Verband offen für eine gesetzliche Regelung.

"Über ein Gesetz, das Bestechlichkeit bei niedergelassenen Ärzten unter Strafe stellt, kann man sicher nachdenken", sagte Hartmannbund-Chef Klaus Reinhardt der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post".

Er forderte allerdings: "Nur dann muss auch klar sein, dass dies nicht nur für die Ärzte, sondern auch für andere Freiberufler wie Rechtsanwälte, Notare oder Architekten gelten muss."

Korruption komme auch im Gesundheitswesen sicherlich vor, schätzte er, "das sehen wir ja jetzt wieder am Organspendeskandal in Leipzig." Allerdings: "Vor krimineller Energie kann man sich nur begrenzt schützen."

Reinhardt: "Es ist aber unverfroren, so zu tun, als sei gerade der Berufsstand der Ärzte besonders korrupt.". Ähnlich wie KBV-Chef Köhler forderte er von den Kassen, Korruptionsverdachte zu melden. Die Kammern könnten Vergehen nur ahnden, wenn sie ihnen auch gemeldet würden. "Das wäre die eigentliche Aufgabe der Krankenkassen", sagte Reinhardt.

Es sei dagegen "absurd, dass die Kassen für die Bundesregierung einen Gesetzentwurf schreiben", sagte er mit Blick auf ein Positionspapier des GKV-Spitzenverbands. Die Kassen hatten darin vorschlagen, Bestechlichkeit und Bestechung unter niedergelassenen und angestellten Ärzten mit bis zu drei Jahren Freiheitsentzug zu bestrafen.

Unterdessen mehren sich die Stimmen für eine gesetzliche Regelung der Bestechlichkeit von niedergelassenen Ärzten.

Lauterbach: Anfettung nicht tolerieren

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zeigte sich aufgeschlossen für einen solchen Schritt, wenn sich "Hinweise auf ein erhebliches Vollzugsdefizit des verpflichtenden Standesrechts verdichten", sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Freitag).

Dann werde die Bundesregierung über "gesetzliche Regelungen zur Ärztekorruption nachdenken müssen".

Entsprechende Forderungen hat auch Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, am Donnerstag im "Deutschlandfunk" erhoben. Dass Korruption bei niedergelassenen Ärzten nicht vom Strafrecht erfasst werde, sei "eine richtige Regelungslücke, die bisher von der FDP und auch von der CDU gedeckt wird".

Lauterbach mutmaßte, dass "harte Korruption zum Schaden des Patienten oder zum wirtschaftlichen Schaden der Gesellschaft" bei ein Prozent der Ärzte vorkomme.

Aber auch die "Anfettung" von Ärzten, bei denen Mediziner durch "kleine Gefälligkeiten, Freundlichkeiten, Aufmerksamkeit" bedacht werden, dürfe nicht toleriert werden.

Die geltende Rechtslage in Deutschland verdankt sich nach Lauterbachs Auffassung "erfolgreichem Lobbyismus" der Ärzteschaft. Ihr sei es gelungen, in Union und FDP den Eindruck zu vermitteln, so der SPD-Abgeordnete, dass ein Freiberufler per definitionem nicht bestochen werden könne.

Aber selbst die konsequente Anwendung von Berufsrecht – wie der Entzug der Zulassung - reiche in Fällen "harter Korruption" nicht aus. Hier müsse "das Strafrecht zum Tragen kommen", forderte Lauterbach.

Der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (vdäa) bekräftigte am Donnerstag seine Forderung, der Gesetzgeber müsse gleiche Rechtsvorgaben für Ärzte in Klinik und Praxis schaffen.

Zugleich müssten die Berufsordnungen für Ärzte durch die Kammern verschärft werden, um jegliche Form der Vorteilsnahme zum Schaden der Patienten zu verhindern, so der vdäa. (fst/nös)

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