Bericht

Der weltweite Hunger wird größer

Jahrelang sank die Zahl hungernder Menschen auf der Welt. Doch nun verschlechtert sich die Lage wieder. Die Vereinten Nationen schlagen Alarm – auch wegen dramatischer Klimaveränderungen.

Von Gioia Forster Veröffentlicht:

ROM. Die Zahl der hungerleidenden Menschen in der Welt steigt wieder – vor allem als Folge von Konflikten und Klimaveränderungen. Im Jahr 2017 hatten 821 Millionen Menschen, etwa jeder neunte Erdbewohner, zu wenig zu essen, wie die Landwirtschaftsorganisation (FAO) und weitere UN-Organisationen in Rom mitteilten. Im Vorjahr seien es noch rund 804 Millionen gewesen. "Diese Botschaft sollte der Welt Angst einjagen", sagte David Beasley, der Leiter des Welternährungsprogramms (WFP), das an dem Bericht zur weltweiten Lebensmittelversorgung beteiligt war.

Jahrelang sank die Zahl der hungernden Menschen, bis zum Jahr 2030 wollen die Vereinten Nationen den Hunger auf der Welt eigentlich ganz abschaffen. Dieses Ziel zu erreichen sei aber angesichts der derzeitigen Entwicklung nicht realistisch, räumte Beasley ein. "Der Welthunger stieg in den letzten drei Jahren an und erreicht wieder Werte wie vor einem Jahrzehnt", heißt es in dem Bericht. Demnach haben weltweit 22 Prozent aller Kinder unter fünf Jahren – insgesamt 151 Millionen – Wachstumsverzögerungen.

Die Lage verschlimmert sich vor allem in den meisten Regionen Afrikas sowie in Südamerika. Die UN betonen, dass neben Konflikten und Wirtschaftskrisen auch Klimaveränderungen stark zu der Ernährungskrise beitragen. Gemeint sind damit Klimaschwankungen – etwa wenn eine Regenzeit zu früh oder spät anfängt – sowie Extremwetter wie Dürren oder Starkregen mit Überflutungen. "Klimaveränderungen spielen heutzutage so eine gewaltige Rolle, dass wir zurückfallen, dass wir die positiven Entwicklungen, die wir bislang gesehen haben, zurückdrehen", sagte FAODirektor José Graziano da Silva.

Die Zahl und der Anteil unterernährter Menschen ist dem Bericht zufolge deutlich höher in Ländern, die extremes Klima erleben. Auch ist der Hunger demnach schlimmer in Ländern, in denen die Landwirtschaft sehr empfindlich auf veränderte Niederschläge und Temperaturen regiert.

Dies ist etwa der Fall in Ostafrika, wo viele Menschen Bauern oder Viehhirten sind. Dort ist dem Bericht zufolge fast jeder dritte Mensch (31,4 Prozent) mangelernährt. Die Region hat in den vergangenen Jahren ungewöhnlich viele Dürrephasen hintereinander erlebt. So konnten Bauern mehrere Jahre kaum oder gar nicht ernten, und Hirten verloren viele oder alle Tiere. In Ländern wie Somalia und Südsudan wird das Problem zudem durch Konflikte verschärft.

"Der Kampf gegen den Hunger wird mit den Klimaveränderungen definitiv komplexer und schwieriger", warnte der Leiter der Klima- und Katastrophenpräventions-Abteilung beim WFP, Gernot Laganda.

Die Organisation Oxfam kritisierte, auch Deutschland trage zu den Ursachen für Hunger auf der Welt bei. Dies geschehe etwa durch eine Agrar- und Handelspolitik der Bundesregierung, "die kleinbäuerliche Produzenten in armen Ländern vom Markt drängt". Auch der entwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Uwe Kekeritz, forderte die Bundesregierung auf, sich mehr für kleinbäuerliche Landwirtschaft einzusetzen. Den Bericht erarbeitete die FAO zusammen mit dem UN-Kinderhilfswerk (Unicef), der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem Welternährungsprogramm und dem Internationalen Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD). (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Wie Zink das Immunsystem stärken kann

© Tondone | AdobeStock

Risikogruppen schützen

Wie Zink das Immunsystem stärken kann

Anzeige | Wörwag Pharma GmbH & CO KG
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema

Chronisch kranke Kinder

Mangelernährung frühzeitig erkennen und konsequent angehen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Danone Deutschland GmbH, Frankfurt/Main
Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

© Steffen Kögler / stock.adobe.com

Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Multimodaler Ansatz zur Regeneration der Darmbarriere

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MEDICE Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
Abb. 1: Delphi-Expertenkonsens: Übereinstimmung für die Bedeutung einer Supplementierung

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [1]

Delphi-Expertenkonsens

Update: wichtige Mikronährstoffe für Schwangerschaft und Stillzeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: P&G Health Germany GmbH, Schwalbach am Taunus
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Systematisches Review und Metaanalyse

Antidepressiva absetzen: Welche Strategie ist am wirksamsten?

„ÄrzteTag“-Podcast

Wie erkenne ich Schmerzen bei Menschen mit Demenz, Professorin Miriam Kunz?

Lesetipps
Übersichtsarbeit: Wie wirken Hochdosis-, rekombinante und mRNA-Vakzinen verglichen mit dem Standardimpfstoff?

© Sasa Visual / stock.adobe.com

Übersichtsarbeit zu Grippeimpfstoffen

Influenza-Vakzinen im Vergleich: Nutzen und Risiken

Serotoninkristalle, die ein Muster ergeben.

© Michael W. Davidson / Science Photo Library

Für wen passt was?

Therapie mit Antidepressiva: Auf die Nebenwirkungen kommt es an

Eine MFA schaut auf den Terminkalender der Praxis.

© AndreaObzerova / Getty Images / iStockphoto

Terminservicestellen und Praxen

116117-Terminservice: Wie das Bereitstellen von TSS-Terminen reibungsloser klappt