Für Ärzte und Patienten

Die Krux mit dem Ramadan

Der Fastenmonat Ramadan stellt zurzeit auch deutsche Ärzte, die gläubige Muslime als Patienten haben, vor große Herausforderungen. Denn auch viele chronisch kranke Islam-Anhänger entscheiden sich fürs Fasten. Das birgt Risiken - aber auch Chancen.

Von Pete Smith Veröffentlicht:
Betender Moslem: Der Ramadan ist für Muslime neben den täglichen fünf Gebeten, dem Glaubensbekenntnis, der Pilgerfahrt nach Mekka und dem Spenden von Almosen eine der fünf Säulen ihrer Religion.

Betender Moslem: Der Ramadan ist für Muslime neben den täglichen fünf Gebeten, dem Glaubensbekenntnis, der Pilgerfahrt nach Mekka und dem Spenden von Almosen eine der fünf Säulen ihrer Religion.

© Garry Andrew Lotulung / picture alliance / ZUMAPRESS.com

FRANKFURT/MAIN. Gläubige Muslime dürfen jetzt, im islamischen Fastenmonat Ramadan, 29 Tage lang zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang weder essen noch trinken.

Gerade in der Sommerzeit ist das für viele ein kräftezehrendes Unterfangen. Auch viele Ärzte in Deutschland, wo immerhin vier Millionen der weltweit 1,6 Milliarden Muslime leben, bekommen die Auswirkungen des Ramadan in ihrer Praxis zu spüren.

"Blutentnahmen beispielsweise oder Ultraschalluntersuchungen sind während des am 18. Juni begonnenen Ramadan bei meinen muslimischen Patienten praktisch nicht möglich", sagt Jochen Gasteyer, Facharzt für Innere Medizin im Frankfurter Stadtteil Nieder-Eschbach.

"Da die meisten Muslime morgens viel essen, um über den Tag zu kommen, kann ich von ihnen nicht verlangen, nüchtern in die Praxis zu kommen."

Mit seiner Kollegin, der Allgemeinmedizinerin Dr. Susanne Schmidt, behandelt Gasteyer etwa 1700 Patienten pro Quartal. Etwa jeder Fünfte sei Muslim. Nicht alle von ihnen fasteten während des Ramadan.

"Unter unseren Patienten sind Schiiten, Sunniten, Ahmadiyya und Alawiten", erläutert der 46-jährige Internist. "Viele kommen aus Pakistan, Afghanistan und der Türkei sowie aus muslimisch geprägten afrikanischen Ländern. Wir praktizieren in einem sehr heterogenen Viertel."

Neunter Monat im Mondkalender

Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Mondkalender und für Muslime neben den täglichen fünf Gebeten, dem Glaubensbekenntnis, der Pilgerfahrt nach Mekka und dem Spenden von Almosen eine der fünf Säulen ihrer Religion.

Das Fasten hat eine spirituelle Bedeutung. Gläubige Muslime verzichten während des Ramadan tagsüber nicht nur aufs Essen und Trinken, aufs Rauchen und auf sexuelle Handlungen, sondern achten auch darauf, sich moralisch einwandfrei zu verhalten, weder zu lügen noch zu schimpfen oder andere zu beleidigen.

Die Enthaltsamkeit soll die Gläubigen zur inneren Einkehr bewegen und sie näher zu Gott bringen.

Prinzipiell ist das Fasten während des Ramadan für alle erwachsenen Muslime Pflicht. Der Koran sieht jedoch Ausnahmen vor: Kranke, Alte, Schwangere, Stillende und Frauen in der Menstruation.

Wer nicht fastet, kann die versäumten Tage zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Da der Ramadan aber für viele Muslime eine große Bedeutung hat, entscheiden sich jedoch auch viele chronisch Kranke für das Fasten.

Auch Arznei-Einnahmen fallen unter das Fastengebot

Vor Beginn des Ramadan, erklärt Jochen Gasteyer, kämen häufig Patienten in die Praxis, die ihn um Rat fragten, ob sie trotz ihrer Erkrankung fasten dürfen oder nicht.

Andere brechen von sich aus die Medikamenteneinnahme ab, da auch der Verzehr von Arzneien unter das Fastengebot fällt.

"Problematisch ist das bei Medikamenten, die man mehrmals am Tag nehmen muss, um den Wirkpegel zu halten", warnt der Frankfurter Internist.

"Da versuche ich dann auf Präparate umzustellen, die eine 24-Stunden-Galenik haben und nach Sonnenuntergang eingenommen werden können." Das gelte auch für Patienten, die auf Antibiotika angewiesen sind.

Diabetiker, so die Erfahrung des seit neun Jahren niedergelassenen Arztes, sind während des Ramadan besonders gefährdet. "Bei tablettenpflichtigen Diabetikern kommt es darauf an, welches Präparat sie nehmen. Manche Wirkstoffe führen zur Insulinausschüttung.

Wenn ein Patient daraufhin nichts isst, riskiert er eine Hypoglykämie. Diesen Patienten rate ich dazu, ihre Tabletten nach dem Fastenbrechen zu nehmen. Insulinpflichtige Diabetiker hingegen sollten gar nicht fasten."

Eine Spende fürs Waisenhaus

Tatsächlich können sich chronisch Kranke und Altersschwache von der Pflicht des Fastens während des Ramadan befreien, indem sie spenden.

"Ich habe Patienten, die machen von dieser Möglichkeit Gebrauch und spenden etwa für ein Waisenhaus in ihrer Heimat", sagt der Frankfurter Arzt.

In Zweifelsfällen holten sich Patienten auch schon mal Rat beim Iman ihrer Gemeinde. Dessen Meinung ist oft auch maßgeblich bei der strittigen Frage, ob Augentropfen, Salben oder Sprays ebenfalls unter das Fastengebot fallen.

Der Ramadan berge für Patienten jedoch nicht nur Risiken, so Jochen Gasteyer. Für Menschen mit Übergewicht beispielsweise biete die Fastenkur "eine hervorragende Chance abzunehmen".

Das jedoch erfordert Disziplin. "Nur wer beim Fastenbrechen Maß hält, bringt am Ende des Ramadan weniger Kilos auf die Waage."

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Kommentare
Carsten Windt 30.06.201513:07 Uhr

Religion und Wissenschaft vertragen sich nicht, gut das hier kein Dogma besteht.

Das Religiöse Riten durchaus schädlich sind ist bekannt. Man sollte daher bei Problemen sehr wohl beim Patienten Regress nehmen, etwa wen sich seine Erkrankung durch das Fasten im Ramadan verschlechtert hat.
Eine Einschränkung der freien Religionsausübung ist es ja offensichtlich nicht, da man sich von der Verpflichtung zum Fasten freikaufen kann.

Carsten Windt 30.06.201510:23 Uhr

Religion und Wissenschaft vertragen sich nicht, gut das hier kein Dogma besteht.

Das Religiöse Riten durchaus schädlich sind ist bekannt. Man sollte daher bei Problemen sehr wohl beim Patienten Regress nehmen, etwa wen sich seine Erkrankung durch das Fasten im Ramadan verschlechtert hat.
Eine Einschränkung der freien Religionsausübung ist es ja offensichtlich nicht, da man sich von der Verpflichtung zum Fasten freikaufen kann.

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