Die PKV fühlt sich kerngesund

Milliarden Euro Unterfinanzierung, krass steigende Prämien: Mit einer AOK-Studie hat die PKV jüngst auf die Mütze bekommen. Die Privatversicherer widersprechen - sie halten sich für höchst vital.

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Privatversichert: Die Unternehmen fühlen sich demokrafiefest.

Privatversichert: Die Unternehmen fühlen sich demokrafiefest.

© dpa

BERLIN (HL). Energisch ist der Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, Dr. Volker Leienbach, den sich häufenden Behauptungen entgegengetreten, die private Vollversicherung sei ohne Zukunft, fehlerhaft kalkuliert und unterfinanziert. Dies war jüngst in einer Expertise für den AOK-Bundesverband behauptet worden.

Im gesundheitspolitischen Hintergrunddienst "Implicon" nennt Leienbach Fakten: Im Jahr 2011 sind 75.100 Versicherte netto zusätzlich von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung gewechselt. Tedenz steigend.

Die Zahl der Vollversicherten ist auf 8,89 Millionen Menschen gestiegen, ein Zuwachs von über 90.000 Versicherten. Leienbach weist darauf hin, dass dies - anders als bei der GKV - auf freiwilligen Entscheidungen der Versicherten beruht.

Als Polemik wertet Leienbach die Kritik des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, aus 144 Beschwerden über Prämiensteigerungen auf Systemfehler zu schließen.

PKV sieht sich besser vorbereitet

Dies seien 0,016 Promille der Versicherten. Aufgrund unabhängiger Branchendienste liege der aktuelle Prämienanstieg in der PKV bei durchschnittlich zwei Prozent.

Experten der Deutschen Aktuarvereinigung bezifferten den langfristigen Anstieg der privaten Krankenversicherung auf 3,3 Prozent pro Jahr, den der GKV auf 3,1 Prozent.

Leienbach: "Steigende Gesundheitskosten betreffen beide Versicherungssysteme gleichermaßen, wobei die PKV mit ihren kapitalgedeckten Alterungsrückstellungen weitaus besser vorbereitet ist."

Sie belaufen sich auf 150 Milliarden Euro. Besonders notwendig sei die Kapitaldeckung für die Pflege.

Nachdrücklich fordert Leienbach eine Vertragskompetenz für die PKV. Immer mehr versicherte erwarteten von ihrer Krankenversicherung auch Angebote im Versorgungsmanagement sowie klare Empfehlungen für ein optimales Verhältnis von Qualität, Menge und Preis medizinischer Leistungen.

Diesen Erwartungen müsse die PKV gerecht werden. Leienbach: "Ohne Öffnungsklausel in der Gebührenordnung für Ärzte geht das nicht."

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 04.05.201217:39 Uhr

Wo bleibt die Transparenz?

Bisher hat sich der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) scheinbar auskunftsfreudig gegeben:
http://www.pkv.de/w/files/shop_zahlenberichte/zahlenbericht20102011.pdf

Aber dass "der aktuelle Prämienanstieg in der PKV bei durchschnittlich zwei Prozent" liegen soll, wie angeblich "unabhängige Branchendienste" behaupten, die zugleich PKV-Verträge mit Provision verkaufen wollen, bleibt zweifelhaft. Und der Prämienanstieg könnte durchaus realistisch 2 % p r o M o n a t betragen, ohne dass man gelogen hätte.

Eines hätte Verbandsdirektor Dr. Volker Leienbach allerdings auffallen müssen: Die kapitalgedeckten Alterungsrückstellungen der PKV sollen sich auf 150 Milliarden Euro belaufen. Bei 8,89 Millionen Menschen mit Krankheits-Vollversicherungen sind das rein rechnerisch pro Kopf 16.900 €. Rechnet man die Rückstellungen für das Teilversicherungs-Geschäft heraus, wären es deutlich weniger. Nach welchen Kriterien und mit welcher Systematik werden denn diese Altersrückstellungen an die Privatversicherungsnehmer zurückgeführt? Entspricht es nicht eher der geschäftstüchtigen Gewinnmaximierung von Versicherungsgesellschaften und ihren "return on investment" fordernden Aktionären, möglichst w e n i g von der Altersrückstellung und dem potentiellen Zusatzgewinn (bei vorzeitigem Ableben der Privatversicherten z. B.) abzuzwacken, um den noch lebenden, zahlenden Versicherten im Alter überproportional kräftige Monatsprämienerhöhungen aufzudrücken?

Diese drängende Frage ist doch möglicherweise eine Erklärung dafür, warum die beitragsfinanzierten gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflege-Versicherungen doch nicht von Gestern sind. Sie schaffen gleichzeitig etwas, was kapital- und renditeträchtig denkenden Menschen eher fremd ist: Solidarität, Verantwortung und das Einstehen für die Schwächsten, Kranken und Leidenden in unserer Gesellschaft mit gleichzeitiger Zukunfts-, Innovations- und Demografiesicherheit.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund


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