Kommentar

Ein strategischer Coup

Hauke GerlofVon Hauke Gerlof Veröffentlicht:

Die angestrebte Übernahme der Rhön-Klinikum AG durch Fresenius hebt sich ab vom bisherigen Muster von Klinikkäufen des Konzerns - mit Ausnahme des Einstiegs bei Helios selbst vor einigen Jahren. Die Transaktion ist getrieben von strategischen Motiven.

Marktmacht in Regionen stärken und flächendeckend neue Versorgungsmodelle mit Krankenkassen umsetzen: Das sind die erklärten Ziele der Übernahme von Rhön durch Fresenius - beide Ziele passen übrigens auch zum Kauf der Damp-Gruppe 2011, die in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und in Hamburg eine starke Stellung hat.

Die Helios-Krankenhäuser positionieren sich im Wettbewerb bisher vor allem mit hoher Qualität. In übernommenen Kliniken werden zunächst alle Prozesse durchleuchtet und auf Helios-Standard gebracht.

Sollte die Transaktion genehmigt werden und die Herkules-Aufgabe gelingen, die Rhön-Häuser auf Linie zu bringen, dann wird sich der Qualitätswettbewerb generell verstärken, auch im ambulanten Sektor.

Vertragsärzte werden nur dann bei den flächendeckenden Versorgungsmodellen, die Helios-Chef de Meo mit Krankenkassen aufziehen will, mit dabei sein, wenn sie hohe Qualität nachweisen.

Lesen Sie dazu auch: Helios-Rhön - ein kleiner Riese im Klinikmarkt

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 01.05.201221:33 Uhr

Marktbeherrschung und Profitmaximierung

Das sind m. E. die wesentlichen Motivationen für die hastige Selbstaufgabe der Rhön Klinikum AG und deren geplanter Verkauf an Fresenius für 3,1 Milliarden Euro.

Der 67-Jährige Rhön-Gründer und derzeitige Aufsichtsratschef des MDAX-Konzerns Rhön-Klinikum, Eugen Münch, hält lt. "Financial Times Deutschland" (FTD) 12,5 Prozent der Anteile. Im Berliner IGES-Institut stellte er sich die Zukunft der Krankenhausbranche so vor: "Bei uns wird an Zusammenschlüssen (...) gestrickt, die das Zeug hätten, in ganz Deutschland jedermann einen Auffangpunkt (...) zu bieten, der nicht weiter als eine Autostunde entfernt ist." Das käme allerdings einer marktbeherrschenden Monopolstellung nahe und wäre ein Fall fürs Bundeskartellamt.

Ein weiterer Aspekt wird in FTD schöngeredet. Einerseits wird am 26.4.2012 behauptet: "Rhön hatte am Morgen Zahlen vorgelegt und die Erwartungen des Marktes übertroffen". Nur 3 Sätze weiter heißt es konterkarierend für das erste Quartal 2012: "Der Konzerngewinn sank den Angaben zufolge um 10,3 Prozent auf 34,1 Mio. Euro."
Irreführend ist auch die vergleichende grafische Darstellung der Jahresumsätze in der FTD: Sowohl die Rhön Klinikum AG als auch die Helios-Kliniktochter von Fresenius hatten beide 2010 einen Jahresumsatz von gut 2,5 Milliarden Euro. Verschwiegen wird aber, dass der Fresenius/Helios-Gesamtkonzernumsatz "einen Anstieg auf 16,5 Mrd. Euro, so der DAX-Konzern" allein im Jahr 2011 erreichte (FTD vom 21.2.2012).

In Erwartung des "schnellen Geldes" bei einer marktbeherrschenden Übernahme von Rhön durch Fresenius schießen die Rhön Klinikum AG-Aktienkurse nach oben, wogegen die Fresenius-Aktien wegen der zu erwartenden Mehrkostenbelastung sinkend notiert werden. Doch eines darf dabei nicht vergessen werden: Die Rhön-Klinikum-AG ist erst durch den beispiellosen "Deal" der CDU-geführten hessischen Landesregierung unter Dr. Roland Koch (Ex-MP und jetzt Vorstand des Baukonzerns Bilfinger & Berger), mittels eines "Landes-Lex-Rhön" und mit "Geiz ist Geil"-Mentalität 2006 an die Universitätskliniken Gießen und Marburg gekommen. Zum Gesamtkaufpreis von schlappen 112 Millionen € wurden damals 2.376 Planbetten, 1.191 im UK-Gießen und 1.185 im UK-Marburg erworben. Zuzüglich 260 Mio. € an wertsteigernden Neu- und Umbauten und weiteren Investitionen von 107 Mio. €. Dabei war die Privatisierung von Arbeitsverträgen nicht rechtens, ein geplanter massiver Stellenabbau scheiterte am Widerstand der Mitarbeiter. Bei gleichzeitiger Rationalisierung, Arbeitsverdichtung und Qualitätsmängeln in Forschung, Lehre, Ausbildung und Krankenversorgung hatte sich die Bürgerinitiative "notruf113.org" gegründet. Und selbst Klinikdirektoren erklärten den unlösbaren Widerspruch zwischen anlegerorientierten Kapitalverwertungsinteressen und humanmedizinischer Versorgung auf universitärem Niveau.

Die Aktionäre der Rhön-Klinikum AG würden mit der Übernahme durch Fresenius/Helios einen "Riesen-Reibach" machen und zugleich für die fragwürdige Gießen/Marburg-Privatisierung keinerlei Verantwortung mehr tragen müssen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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