Kommentar

Eine unredliche Debatte

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:

Die aufgeregte Debatte über den Zusatzbeitrag von acht Euro, den ab Februar einige Krankenkassen erheben, mag Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler einen Vorgeschmack darauf geben, was ihn erwartet, wenn er in den kommenden Monaten Pläne für Gesundheitsreformen konkretisiert. Tatsache ist, dass die Wirtschaftsleistung krisenbedingt um drei bis vier Jahre zurückgeworfen worden ist, die Leistungen des Gesundheitswesens jedoch - gewollt! - gerade 2009 kräftig gestiegen sind.

Der Zusatzbeitrag ist nicht unsozial

Um es klarzustellen: Es sind die Folgen der Gesundheitspolitik der großen Koalition, die nun sichtbar werden. Es ist unredlich, wenn der heutige SPD-Oppositionsführer Frank Walter Steinmeier nicht mehr wahrhaben möchte, was unter seiner Beteiligung als Vizekanzler 2007 als Gesetz beschlossen worden ist. Danach müssen Kassen einen Zusatzbeitrag erheben, wenn die Zuweisungen aus dem Fonds nicht ausreichen.

Es ist auch nicht unsozial, einen Zusatzbeitrag zu erheben. Viele Krankenkassen werben damit, dass sie in diesem Jahr die Prämie nicht benötigen. Und nichts ist für Versicherte einfacher, als die gesetzliche Kasse zu wechseln. Gleichwohl dürfte der Kassenwechsel nur zeitlich begrenzte Entlastung bringen.

Geradezu reflexartig werden deshalb die üblichen Verdächtigen an den Pranger gestellt: Platz eins besetzen dabei regelmäßig die Arzneimittelhersteller. Vergessen ist, dass Pharma und Medizintechnik der Krise trotzten, Umsatz, Beschäftigung und Investitionen wuchsen. Jetzt sind sie das Kostengespenst. Gleiches könnte man von Vertragsärzten und ihren Klinikkollegen behaupten, deren Einkommenssituation sich in jüngster Zeit verbessert hat. Das schlägt sich jetzt in den Ausgabenbilanzen der Kassen nieder.

Die CSU sollte ihren Stammtisch verlassen

Daran muss sich auch Gesundheitsminister Markus Söder erinnern. Seine CSU hat - wie die SPD - den Kompromiss zum Gesundheitsfonds ebenso wie die teuren Folgewirkungen des Wettbewerbstärkungsgesetzes - plus elf Milliarden Euro im Jahr 2009 - am Ende mitgetragen.

Anders als in den zurückliegenden 20 Jahren stehen heute konventionelle Kostendämpfungsinstrumente nicht mehr zur Verfügung. Die Budgetierung ist ebenso verbraucht wie Zwangsrabatte auf Arzneimittel. Weder der Wettbewerb noch feiner geschliffene Instrumente wie Kosten-Nutzen-Bewertung werden an der Tatsache etwas ändern, dass Medizin beim erreichten Niveau wachsende Einkommensteile erfordert. Die Alternative wäre Leistungsverzicht.

Lesen Sie dazu auch: Acht Euro - Wirbel um Zusatzprämie Das Finanzpolster der Kassen schmilzt dahin Bei den Zusatzbeiträgen wiehert der Amtsschimmel FDP-Vize Pinkwart will Zusatzbeiträge auf Eis legen

Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Jetzt neu jeden Montag: Der Newsletter „Allgemeinmedizin“ mit praxisnahen Berichten, Tipps und relevanten Neuigkeiten aus dem Spektrum der internistischen und hausärztlichen Medizin.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Sommer- und Winterzeit

Neue Analyse: Zeitumstellung offenbar doch ohne kardiale Folgen

„ÄrzteTag“-Podcast

Dürfen Vertragsärzte Kassenpatienten Privattermine anbieten, Frau Vogtmeier?

Praxisübernahme

Wie es einer Kollegin nach dem ersten Jahr der Niederlassung geht

Lesetipps
Sie kommt relativ oft vor, wird aber oft übersehen: die kardiale autonome diabetische Neuropathie.

© Aleksandra Kuzmina / stock.adobe.com

Kardiale autonome diabetische Neuropathie

Das neuropathische Herz – ein Risiko

Eine Hand fängt 500-Euro-Geldscheine auf, die durch die Luft wirbeln.

© vegefox.com / stock.adobe.com

Vermögensforscher im Interview

Welche Eigenschaften helfen, reich zu werden