Erhebliche Mängel
Ernüchterndes Urteil zu EU-Gesundheitshilfe in Partnerländern
Wie wirksam ist die Unterstützung der EU für das Gesundheitswesen in Burundi, Simbabwe oder der Demokratischen Republik Kongo? Ein Bericht des Europäischen Rechnungshofs kommt zu dem Schluss, dass eine schlechte Abstimmung vor Ort die EU-Gesundheitshilfe in zahlreichen Partnerländern schwächt. Die Prüfer kritisieren vor allem die teils erheblichen Verwaltungskosten sowie Mängel bei der Versorgung mit Ausrüstung und Medikamenten.
Veröffentlicht:Brüssel. Die Regale sind fast leer, nur vereinzelt stehen ein paar geöffnete Schachteln und Pillendosen auf den schmucklosen Holzbrettern, die an der Wand angebracht sind. Das Bild aus einer Klinik in Simbabwe taucht im neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs auf und soll zeigen, wie es in vielen Krankenhäusern in Afrika um die Medikamentenversorgung bestellt ist: Etliche Arzneimittel und Impfstoffe sind dauerhaft nicht verfügbar. Dabei unterstützt die EU das Gesundheitswesen in zahlreichen Partnerländern mit Milliarden Euro. So fließen dieser Tage über globale Gesundheitsinitiativen etwa deutlich mehr finanzielle Mittel in Drittstaaten als früher, auch wenn die bilaterale EU-Hilfe laut Experten zurückgegangen sei.
Wirkt sich die Unterstützung jedoch vor Ort wie gewünscht aus? Der Europäische Rechnungshof (EuRH) hat erhebliche Zweifel. Die Zuweisung an die Gesundheitssysteme der Partnerländer weise „methodische Schwächen auf“, und die Projekte, die Mittel erhalten, „verfehlen möglicherweise aufgrund mangelnder Koordinierung und Tragfähigkeit ihr Ziel“. Zu diesen ernüchternden Erkenntnissen kommt der EuRH in einem am Mittwoch veröffentlichten Sonderbericht. „Wir haben bei den EU-Mitteln für die Gesundheitssysteme in ausgewählten Partnerländern verschiedene Probleme festgestellt“, sagte das für die Prüfung zuständige Mitglied des Rechnungshofs George-Marius Hyzler. „Die Gelder der EU sollten dringend wirksamer eingesetzt werden, vor allem durch verbesserte Zuweisungskriterien, durch Verwaltungskosten, die im Rahmen bleiben, und durch tragfähige Projekte.“
Prüfer kritisieren schlechte Koordinierung
Hyzler und sein Team untersuchten eine Stichprobe von Projekten in Burundi, der Demokratischen Republik Kongo und Simbabwe, unter anderem durch Besuche in den afrikanischen Ländern. Wie steht es um die kostenlose Gesundheitsversorgung, wie um die Organisation von Schulungen für medizinisches Personal oder den Wiederaufbau von Gesundheitszentren? Neben den teils erheblichen Verwaltungskosten monierten sie insbesondere Mängel bei der Versorgung mit Ausrüstung und Medikamenten. So hätten „eine unzureichende Bedarfsanalyse und mangelnde Koordinierung auf Bezirksebene“ zum Teil zu Versorgungsengpässen in Kliniken geführt, heißt es in dem Report. Ebenfalls im Fokus der Kritik: Ausrüstung sei aufgrund von Doppellieferungen ungenutzt geblieben. In einigen Fällen seien Arzneien und Impfstoffe zudem nur in geringer Menge vorhanden. Die externen EU-Prüfer stellten fest, dass Gegenstände der medizinischen Grundversorgung mehrere Monate lang überhaupt nicht mehr erhältlich gewesen seien, obwohl mehrere Geldgeber involviert waren.
Aktuell sind die fünf größten Empfänger von Mitteln der EU-Kommission für den Gesundheitssektor die Demokratische Republik Kongo, Afghanistan, Burundi, Nigeria und Äthiopien. Die Unterstützung habe sich laut Rechnungshof Anfang des Jahres für den aktuellen Zeitraum von 2021 bis 2027 auf über zwei Milliarden Euro belaufen. In den beiden vorangegangenen Programmplanungszeiträumen, also von 2007 bis 2013 und 2014 bis 2020, betrug sie jeweils mehr als drei Milliarden Euro.
Sichtbarkeit der EU-Finanzierung ist begrenzt
Nicht nur gelangten die Experten jetzt zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit der Projekte durch Probleme bei der Koordinierung, Nachhaltigkeit und Überwachung beeinträchtigt wurde. Auch die Tatsache, dass verschiedenste Akteure an der Durchführung beteiligt waren, habe zu einem Anstieg der Kosten geführt. So hätten Projektpartner und Unterauftragsnehmer meistens eine Bearbeitungsgebühr erhoben, sodass unterm Strich weniger Geld für die eigentlichen Empfänger der Hilfe übrigblieb. Dem Rechnungshof zufolge waren die Verwaltungsausgaben in einigen Fällen fast doppelt so hoch wie der Betrag, der in die eigentliche Hilfsintervention für etwa die Gesundheit von Müttern und Kindern sowie Ernährung geflossen sei. Damit nicht genug. Die Prüfer beanstandeten, dass es keine „konkreten Übergangs- und Ausstiegsstrategien“ für die Zeit nach dem Auslaufen der Finanzierung aus Brüssel gebe. „Die Regierungen in den betroffenen Ländern hätten nur begrenzte Mittel und es mangele an Engagement, sodass ihre Gesundheitssysteme von internationaler Hilfe abhängig blieben“, lautet das pessimistische Urteil in dem Bericht. Auch werde gespendete Ausrüstung nicht immer ordnungsgemäß gewartet, weil man im Vorfeld nicht oder nur lückenhaft ermittelt habe, welche Zusatzkosten anfallen könnten oder welche Dienstleistungen für den weiteren Betrieb notwendig werden. Es komme sogar vor, dass völlig ungeeignete Ausrüstung angeschafft worden sei. Die Prüfer empfahlen deshalb unter anderem, bei der Mittelzuweisung künftig für „ein ausgewogeneres Gleichgewicht zwischen globalen Initiativen, regionaler Unterstützung und bilateraler Hilfe für die Länder“ zu sorgen.
Gleichzeitig sei die Sichtbarkeit der EU-Finanzierung bei den unterstützten Bevölkerungsgruppen begrenzt, kritisierten die Prüfer, ergo: Meist war jenen, die vor Ort von der Hilfe profitierten, nicht einmal bewusst, dass diese von der Union stammte, insbesondere wenn an den Maßnahmen mehrere Geber beteiligt waren.
Die EU verfolgt das langfristige Ziel, extreme Armut zu bekämpfen und letztendlich zu beseitigen. Die Unterstützung von Seiten der Gemeinschaft für das Gesundheitswesen in zahlreichen Ländern gehört dabei zu den wichtigsten Pfeilern auf dem Weg dahin.