Demografie

Es gibt größere Kostentreiber

Die Barmer GEK hat nachgerechnet - und ein bislang scheinbar unumstößliches Dogma infrage gestellt: Denn die Alterung der Gesellschaft belastet das Gesundheitswesen offenbar weniger als bislang vermutet.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Fröhlich in Rente. Die Alterung der Gesellschaft kostet das Gesundheitswesen weniger als gedacht.

Fröhlich in Rente. Die Alterung der Gesellschaft kostet das Gesundheitswesen weniger als gedacht.

© Julian Stratenschulte / dpa

BERLIN. Dass die Menschen älter und damit auch kränker werden, ist nur einer der Gründe, warum die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen.

"Weniger als ein Fünftel der Kostensteigerungen gehen auf demografische Effekte zurück", sagte Uwe Repschläger aus dem Management der Barmer GEK bei der Vorstellung des Reports "Gesundheitswesen aktuell 2012" am Donnerstag in Berlin.

Der Rest entfalle auf den medizinisch-technischen Fortschritt, die Preise und die Angebotsstrukturen. Der Höhepunkt der demografiebedingten Kostensteigerungen werde bereits im Jahr 2013 erreicht.

Es ist noch nicht so lange her, dass Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) der Alterung den schwarzen Peter zugeschoben hatte. Keine Regierung könne die demografische Entwicklung wegreformieren, hatte Bahr 2011 gesagt.

Für die Vertreter der Barmer GEK ist der Fall klar: Die Alterungseffekte herausgerechnet, sei die Zahl der Hüft- und Knieprothesen-Operationen oder die Menge an Magnetresonanztomografien dennoch deutlich gestiegen.

Hauptauslöser seien demnach der medizinisch-technische Fortschritt und die angebotsinduzierte Nachfrage.

"Nicht weil es mehr alte Leute gibt, sondern weil man sie behandeln kann", stiegen die Kosten, sagte Barmer-GEK-Chef Dr. Christoph Straub.

Mengenausweitung in den Griff bekommen

Minimalinvasive Verfahren zum Beispiel könnten Menschen heute auch in einem Alter noch helfen, in dem sie früher nicht mehr operiert worden wären.

Straub forderte, die Mengenzuwächse zu identifizieren, die durch Demografie und Fortschritt nicht eindeutig zu erklären seien.

Er ging auch auf die aktuelle Diskussion um Mengenausweitungen in Kliniken ein. Ärzte sollten Anreize für gezielten Ressourceneinsatz und nicht für die Acquise von immer mehr Fällen erhalten. Neue Methoden und Verfahren dürften nicht einfach nur zusätzlich in die Versorgung einbezogen werden.

Jedes Jahr muss die GKV zwischen drei und 3,5 Prozent mehr für die Versorgung ausgeben. Für jeden Versicherten sind das im Schnitt 80 Euro mehr.

Den Berechnungen der Barmer GEK zufolge ist der demografische Wandel in den Jahren 2007 bis 2010 nur zu 18 Prozent für den Anstieg der Gesamtausgaben verantwortlich. Bevölkerungsprognosen des Statistischen Bundesamtes zufolge sinke dieser Anteil nach 2013 sogar ab.

Um den tatsächlichen Beitrag der Alterung zum Kostenanstieg aus der Gesamtsumme heraus zu rechnen, ermittelten die Statistiker der Barmer die Ausgaben nach Altersgruppen und Geschlecht für ein Basisjahr.

Anschließend haben sie diese Ausgaben auf ein Folgejahr übertragen und mit der geänderten Altersstruktur jenes Jahres multipliziert.

So sollte der reine Demografieeffekt isoliert werden, sagte Repschläger. Die sich im Zeitverlauf ebenfalls ändernden Faktoren wie technologischer Wandel, die Preisentwicklung und die Angebotsstrukturen würden damit aus der Rechnung eliminiert.

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